Düsseldorf Crystal Meth – die zerstörerische Partydroge

Düsseldorf · Langfristig sind Gehirnschäden und Gedächtnisstörungen sowie Herz-Kreislauf-Probleme zu befürchten.

Sie wollen fit, gut gelaunt und ausdauernd sein, landen aber stattdessen immer häufiger verwirrt, mit Herzrasen und in die Höhe schießendem Blutdruck auf der Intensivstation eines Krankenhauses: Menschen, die synthetisch hergestellte Drogen schnupfen, inhalieren oder schlucken, oft in Form einer Tablette mit aufgedrucktem Smiley. 2556 von ihnen fielen den Beamten des Bundeskriminalamtes im vergangenen Jahr zum ersten Mal auf, fast 1000 mehr als 2011 – sie nahmen sogenanntes kristallines Metamphetamin, auch unter dem Namen "Crystal Meth" bekannt.

75 Kilo wurden 2012 in Deutschland sichergestellt, das bedeutet laut Bundeskriminalamt eine Steigerung um 88 Prozent. Die Polizei ist alarmiert, und der Zoll richtet Sonderkommissionen ein, um Schmugglern auf die Spur zu kommen. "Amphetamin wurde schon in den 1890er Jahren synthetisiert und kam zunächst als Mittel gegen Schnupfen auf den Markt. 1930 wurde auf seiner Basis das stärker wirkende Metamphetamin entwickelt. Es kann die schützende Blut-Hirn-Schranke besser überwinden und entfaltet seine Wirkung, körpereigene Botenstoffe freizusetzen, in höheren Konzentrationen an den Nervenzellen im Gehirn", erklärt der Pharmakologe Gery Schmitz, der die Zentralapotheke des Verbundes Katholischer Kliniken Düsseldorf (VKKD) leitet.

1938 begannen die Berliner Temmler-Werke damit, den gefährlichen Muntermacher unter dem Namen Pervitin anzubieten. "Im Zweiten Weltkrieg bekam der Wirkstoff einen anderen Zweck: Er sollte etwa Piloten wach und kampfbereit halten", sagt Gery Schmitz.

"Verboten ist Metamphetamin erst seit 1988", sagt Schmitz. "Seitdem versuchen die illegalen Produzenten, diese Regelung zu umgehen – indem sie zum Beispiel die bekannte Molekülstruktur verändern und so neue Mittel herstellen, die erst einmal legal sind, bis sie unter das Betäubungsmittelgesetz fallen." Ecstasy und Speed gehören zu diesen Amphetamin-Abkömmlingen. Am häufigsten findet sich unter den gefährlichen Designerdrogen das sogenannte "Crystal Meth". Ein wichtiger Bestandteil ist die Chemikalie Apaan, ein gelblich-weißes Gemisch, das einen ätzenden Geruch verbreitet. Aus illegalen Rauschgiftlaboren in der Tschechischen Republik gelangt das daraus gewonnene Crystal Meth über Kuriere in kleinen Mengen nach Deutschland.

Dass die Welle bis zum Niederrhein schwappt, zeigt ein Fund im Mai 2013 in Krefeld: Gut 4,5 Tonnen Apaan lagerten dort in Plastikfässern. Andere Rohstoffe für "Crystal Meth" versuchen die Hersteller sich zum Teil sogar hierzulande zu besorgen. So stellt das Bundeskriminalamt seit einigen Jahren fest, dass verdächtig viele Medikamente mit dem Wirkstoff Pseudoephedrin gekauft werden. Ziel ist es, diesen Grundstoff aus den fertigen Arzneimitteln zurückzugewinnen, um ihn in tschechischen Laboren zu Met–amphetamin weiterzuverarbeiten. Wer einmal in der Disco oder auf einer Party Crystal Meth ausprobiert, läuft Gefahr, davon psychisch abhängig zu werden. Die Folgen sind fatal: "Langfristig sind Gehirnschäden und Gedächtnisstörungen sowie Herz-Kreislauf-Probleme zu befürchten", sagt ein Düsseldorfer Internist, der nicht genannt werden möchte, damit sein Krankenhaus nicht in den Verdacht gerät, eine Suchtklinik zu sein. Krankenhausapotheker Gery Schmitz ergänzt die Reihe der schlimmen Crystal-Auswirkungen: "Schlafstörungen, Magen-Darm-Schmerzen, Hautentzündungen – die Zähne fallen aus. Schließlich können irreparable Nervenschäden entstehen, die bis zum Hirninfarkt führen." Dagegen hilft nur der rechtzeitige Entzug in spezialisierten Kliniken.

(RP)
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