Private Agenturen coachen Schüler Studienberatung hat ihren Preis

Düsseldorf (RP). Private Agenturen für Studienberatung haben sich neben Arbeitsagenturen und Universitäten auf dem Markt etabliert. Die Beratungskosten variieren stark. Ein NRW-Vergleich ausgewählter Institute.

 Zahlreiche Studenten haben vor der Wahl ihres Studienfachs eine kostenintensive Beratung in Anspruch genommen.

Zahlreiche Studenten haben vor der Wahl ihres Studienfachs eine kostenintensive Beratung in Anspruch genommen.

Foto: AP, AP

Johann war ahnungslos. Bis zum Abitur fehlte nicht viel — doch wohin sollte es danach gehen? Welches Fach, welcher Abschluss, welche Hochschule — die Fragen schienen dem 19-Jährigen viel zu kompliziert. Seine Mutter legte ihm kurzerhand eine private Studienberatung nahe.

Über 60 000 Jugendliche erlangen in diesem Sommer in Nordrhein-Westfalen die Hochschulreife. Laut Hochschul-Informations-System sind es immer noch 20 Prozent der Studierenden, die ihre Alma Mater vorzeitig verlassen oder das Fach wechseln. Vor diesem Hintergrund sind viele Eltern bereit, größere Geldbeträge in den Karrierestart ihres Nachwuchses zu investieren.

Seit Mitte der 90er Jahre antworten private Studienberatungsagenturen auf diese Nachfrage. Ihr Konzept ist klar definiert: ganztägige Einzelberatung mit Tests und Interviews, Auswertung der Ergebnisse zumeist mit Eltern, schließlich eine mehr oder weniger konkrete Empfehlung für die beginnende Karriere.

Definition des Berufsbildes fehlt

Eine zentrale Rolle spielen die aus dem Göttinger Hogrefe-Verlag stammenden standardisierten, seit den 50er Jahren benutzten Persönlichkeitstests. Ihre Auswertung sollte psychologisch geschulten Personen überlassen werden, worauf der Deutsche Verband für Bildungs- und Berufsberatung (dvb) hinweist.

Die 1956 gegründete Interessenvereinigung kämpft angesichts eines wachsenden Marktes immer noch für eine einheitliche Definition des Berufsbildes "Studienberater". Die dvb-Vorsitzende Birgit Lohmann beklagt: "Es ist unschön, wenn sich Studienberater ohne pädagogisch-methodische Kenntnisse nur auf ihre Berufserfahrung verlassen."

"Es fehlt eine Berufsethik", bestätigt eine private Studienberaterin. Sie möchte lieber ungenannt bleiben — schon jetzt ist die Nachfrage kaum zu bewältigen. Der Umstand, dass ihre Agentur selbst im höheren Preissegment angesiedelt ist, steht dem nicht entgegen. Preisgefälle und Nuancen in der Arbeitsweise bilden die wesentlichen Unterschiede der einzelnen Anbieter. Hier ein (nicht repräsentativer) NRW-Überblick:

Beratungsinstitut Köln Florentine Sellier ist überzeugt: "Der Abischnitt sagt nichts über die Begabung aus." Die studierte Psychologin lehnt es ab, bereits vorab Neigungen und Interessen ihrer Kunden zu erfahren. Fünf Stunden lang steht sie ihren Kunden für Tests und Interviews zur Verfügung. Im Anschluss folgt die Auswertung der Ergebnisse. Das Resultat formuliert Sellier, die mit einer Pädagogin zusammenarbeitet, ganz konkret: "Am Ende des Tages weiß mein Kunde dann zum Beispiel, dass Georessourcen-Management in Aachen die richtige Wahl ist." Die Kosten schlagen mit 1130 Euro zu Buche.

Profiling Institut, Düsseldorf Mit einem dreiköpfigen Team berät der Sozio-Ökonom Jan Bohlken seit 2007 angehende Abiturienten. Ganz bewusst möchte er zu Beginn die Vorstellungen seiner Kunden erfahren: "Dann passiert es aber nicht selten, dass man jemandem seinen Traum austreiben muss." Nach einem bis zu achtstündigen Beratungstag empfiehlt er den Jugendlichen zumeist drei bis fünf Berufsfelder mit den entsprechenden Studiengängen. Was Preise anlangt, so hält er sich an die Devise "Man muss auf dem Boden bleiben". Für seine Leistung stellt er 1000 Euro in Rechnung.

Campus Studienberatung, Dortmund Seit 2008 berät die Ökonomin Andrea Körling Oberstufenschüler im Ruhrgebiet. Von ihren Kunden erwartet sie vorab eine Bewerbungsmappe mit Zeugnissen und ausführlichem Lebenslauf. "Die Jugendlichen sollen sich vorher in ihrer nächsten Umgebung erkundigen: Wo liegen meine Stärken?", so Körling. Je nach Begabung bekommen ihre Klienten mehrere Vorschläge an die Hand. Dafür nimmt sich die Studienberaterin mitunter einige Tage Zeit. Ihre Preisgestaltung zeigt die große Bandbreite am Markt auf: Für einen rund siebenstündigen Tag berechnet sie 660 Euro.

Institut für Studienberatung, Bonn Nach langjähriger Tätigkeit im Personalbereich entschloss sich Jürgen Schimanski 1999 zur Gründung seines Instituts. Bis zu neun Stunden verbringt der Wirtschaftsingenieur mit seinen Kunden."Wenn jemand mit einem Abischnitt von 1,5 und höher kommt, brauche ich keinen IQ-Test zu machen", so Schimanski. Neben Fähigkeiten und Neigungen spielt die Marktsituation eine beträchtliche Rolle bei seiner Empfehlung. Von geisteswissenschaftlichen Studiengängen rät er daher in den meisten Fällen ab. Am Ende des Tages bekommen die Klienten bis zu vier Vorschläge. Mit einer Rechnung von 1035 Euro liegt Schimanski im Preisdurchschnitt.

Für Johann hat sich die Investition nicht gelohnt. Zwar fühlte er sich gut und kompetent behandelt, aber: "Die Beratung hat mich nicht so weitergebracht, dass ich mich jetzt entscheiden könnte." Vor diesem Hintergrund verzichten die privaten Studienberater sowohl auf Erfolgsgarantien als auch auf eine Evaluation ihrer Arbeit. Sämtliche Agenturen vertrauen einzig auf die freiwillige Rückmeldung ihrer Kunden. Die fiel mit durchschnittlich fünf Prozent allerdings ziemlich spärlich aus.

(RP)
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