Ungewöhnlicher Studentenjob Der Bücherdetektiv

Essen (RPO). Lür-Henning Flake hat einen ungewöhnlichen Studentenjob. Als Büchersucher spürt er an der Uni Duisburg-Essen ausgeliehene Bücher auf, die Studenten verstecken, anstatt sie fristgerecht zurückzugeben. Besonders oft überführt er dabei BWL-Studenten.

 Lür-Henning Flake sucht verschollene Bücher an der Uni Duisburg-Essen.

Lür-Henning Flake sucht verschollene Bücher an der Uni Duisburg-Essen.

Foto: ddp, ddp

Mehrmals in der Woche macht sich der 21-Jährige auf die Pirsch nach verschollener Literatur in der Universitätsbibliothek. "Der Job macht Spaß, es ist immer wieder ein Erfolgserlebnis, wenn man Bücher wiederfindet", sagt Flake. Zehn Stunden in der Woche fährt der aus Viersen stammende Student der Kulturwirtschaft mit seinem Bücherwagen die Gänge der Universitätsbibliothek am Standort Essen ab. 8,56 Euro bekommt er dafür. Zusätzlich erhält er bezahlten Urlaub.

Seit rund zwei Monaten macht der angehende Kulturwirt seinen Bibliotheksjob und fühlt sich wohl. "Die Atmosphäre in einer Bibliothek ist sehr angenehm." Dem stimmt auch sein Vorgänger als Büchersucher, Sven-Arvid Ender, zu. Ender, der Philosophie und Germanistik studiert, machte diesen Job rund anderthalb Jahre und kannte hinterher so ziemlich alle Verstecke.

"Manche Studenten versteckten die Bücher teilweise in anderen Regalen oder deponierten sie unter den Regalböden, so dass man sie nicht sah." Rund 250 Bücher fand Ender so im Laufe eines Monats wieder. Er gehörte zu den Ersten, die diesen Job an der Uni machten. Während Ender, der inzwischen Hilfskraft bei einem Professor ist, gerne nach seinem Studium eine Zusatzausbildung im Bibliothekswesen in Köln absolvieren möchte, sieht Flake seine Beschäftigung erst einmal nur als vorübergehenden Job.

Viel Stress in der Prüfungszeit

Nach rund zweimonatiger Tätigkeit als Büchersucher hat auch Lür-Henning Flake schon ein Profil der Bücherverstecker angelegt. Ihm ist aufgefallen, dass hauptsächlich von Studenten, die die Bibliothek zum Lernen benutzen, Bücher versteckt oder nicht zurückgestellt werden. "Oft ist das bei Wirtschaftsstudenten so." Besonders in Zeiten der Prüfungen gibt es für Flake reichlich Arbeit. "Viele Sachen sind ausgeliehen und es ist nur noch der Präsenzbestand da, dann wird versteckt." Allerdings wurde bislang noch nie ein Täter auf frischer Tat ertappt.

Ärger mit Studenten gab es für den Büchersucher dabei nie. "Es ist ja verboten, Bücher zu verstecken. Da hüten die Leute sich dann was zu sagen, wenn wir die Bücher finden", so Flake. Eher wird Flake als jemand gesehen, der einem weiterhelfen kann. Für die Studenten ist er inzwischen ein wichtiger Ansprechpartner. "Die fragen mich schon mal, wo sie ein Buch finden können." Flake kommt bei seinem Job auch seine Körpergröße entgegen. Der Hobby-Basketballer ist über 1,90 Meter groß. Das hilft ihm auch, die höher gelegenen Regale der Bibliothek zu untersuchen.

250 Funde pro Monat

Für die Uni lohnt sich die Anstellung von Büchersuchern. Rund zwei Millionen Exemplare hat die Hochschule in ihrem Bestand. Fachbücher kosten viel Geld und so manches Exemplar, das bereits als verloren galt, tauchte durch die Arbeit von Studenten wie Ender und Flake wieder auf. Ein Fachbuch kostet durchschnittlich 30 Euro. Bei 250 Exemplaren, die ein Büchersucher pro Monat wiederfindet, kommen schon große Summen zusammen, die die Hochschule einsparen kann.

Um in Zukunft den Bücherverlust noch weiter einzudämmen, setzt die Bibliotheksverwaltung auf neue Technologien. So soll ein elektronisches Sicherungssystem, der sogenannte Radiotransponder, den Ort eines Buches per Signal melden. Der Bibliotheksmitarbeiter kontrolliert mit einem Detektor die Regale, die dann ein Signal aussenden. Zugleich können Bücher bei der Ausleihe schneller verbucht werden und die Exemplare sind besser vor Diebstahl und dem Verstecken geschützt. Das sei, so Bibliotheksdirektor Albert Bilo, die Zukunftstechnologie.

(DDP)
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