Schon nach zwei Fällen wird diskutiert Saarbrücker "Tatort" vor dem Aus?

Saarbrücken · Bei Kritikern fiel auch der zweite "Tatort" mit Devid Striesow als Kommissar nahezu einhellig durch. Die Filme spielten in einem merkwürdig luftleeren Raum.

Tatort: "Eine Handvoll Paradies"
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Tatort: "Eine Handvoll Paradies"

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Dass die Folge "Eine Handvoll Paradies" bei den meisten Fernsehkritikern schlecht ankommen würde, war vorhersehbar: Sie wurde vom gleichen Team parallel zu dem im Januar ausgestrahlten Saar-"Tatort" "Melinda" gedreht, der auch schon durchgefallen war. Die "Bild"-Zeitung kürte Devid Striesows zweiten Auftritt als etwas versponnenen Psycho-Kommissar Jens Stellbrink gar zum "schlechtesten Tatort aller Zeiten", der glücklicherweise bald sein Ende finde, da der Schauspieler nur für drei Folgen unterschrieben habe.

Unübersehbar sucht der Saar-"Tatort" einen Platz in der Nähe der Lach- und Krach-Geschichten des Münster-"Tatort", nur mit weit brutalerer Action. An der Saar wird Blut gespuckt, geballert und gefoltert — und umso verrückter wirkt der Kontrast, einen Vespa-fahrenden Tagträumer durch das kriminelle Rockermilieu stolzieren zu lassen. Da sitzt Claude-Oliver Rudolph als rabiater Rocker am offenen Feuer um ein mickriges Brühwürstchen zu grillen, und nach zehn Minuten ist der prominenteste Darsteller der Folge tot.

Striesows Ein-Mann-Show

Tatsächlich spielt der Saar-"Tatort" in einem merkwürdig luftleeren Raum, in dem Saarbrücken nicht wirklich zu sehen ist und in der Heimat von "Familie Heinz Becker" plötzlich niemand mehr Dialekt spricht. Und der Zuschauer die Brillanz des sehr anderen Kommissars nicht vorgespielt, sondern von den Nebendarstellern vorgesagt bekommen muss: "So wie ich ihn kenne, kennt er nicht nur die Adresse, sondern weiß auch schon die Namen der Mitglieder auswendig", schwärmt die hölzerne Co-Ermittlerin Lisa Marx (Elisabeth Brück) gegenüber der noch hölzerneren Staatsanwältin Nicole Dubois (Sandra Steinbach). Und auch der Rocker-Boss "Mutti" (Thomas Kautenburger) räumt gegenüber den Kuttenträgern ein: "Der hat zwar nicht alle Kekse in der Dose, aber der ist gut."

Den Höhepunkt erreicht Striesows Ein-Mann-Show, als Stellbrink niedergeschlagen am Boden liegt und in einer wirren Traumsequenz gleich zwei Rocker als homosexuelle Karikaturen spielt. Das passt sogar irgendwie zur Handlung, weil sich die thailändische Freundin Taya (Young-Shin Kim) des Polizei-Spitzels bei den Rockern schließlich als sehr femininer Mann entpuppt.

Aber so richtig zünden will die Komik nicht. Immerhin gelingt es Regisseur Hannu Salonen, der bereits neun "Tatort"-Folgen gedreht hat und auch bei der neuen ZDF-Erfolgsserie "Verbrechen" nach Ferdinand von Schirach Regie führte, den schrulligen Kommissar am Ende als den schlauen Sieger dastehen zu lassen.

Dass das für den Saarländischen Rundfunk reicht, um seinen Striesow-"Tatort" über die dritte Folge hinaus zu retten, darf man trotz der guten Quote (siehe Info-Box) bezweifeln. Mehr als einen "Tatort" pro Jahr kann der SR sich nicht leisten. Er ist vielleicht einfach nicht der richtige Sender, um neben Münster einen weiteren "Tatort" der Marke "Crime and Comedy" zu etablieren. Platz wäre dafür in der ARD-Krimireihe allemal.

(RP/csi/jre/top/sap)
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