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Ein Bericht von Bord der "Gorch Fock" Segelschulschiff auf 148. Auslandsreise

Düsseldorf (RP). 50 Jahre ist es bereits her, dass das majestätische Segelschulschiff der Deutschen Marine vom Stapel gelaufen ist. Jetzt die Gorch Fok zu ihrer 148. Auslandsausbildungsreise ausgelaufen. Unser Mitarbeiter Helmut Michelis hat sich mal an Bord umgeschaut.

Die Gorch Fock - Schulschiff der Deutschen Marine
15 Bilder

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14.000 Marineoffiziere haben ihr erstes seemännisches Wissen auf der "Gorch Fock" erlernt. 32-mal hat das Segelschulschiff der Deutschen Marine inzwischen die Welt umrundet. Die Dreimastbark, einst auf dem Zehnmarkschein abgebildet und jetzt auf einer 55-Cent-Briefmarke, feiert ein stolzes Jubiläum: Vor 50 Jahren lief sie vom Stapel.

Rostock Himmel und Meer präsentieren sich postkartenblau, der Ostsee-Wind hat die großen weißen Segel prall aufgepustet, feine Gischt sprüht über das Vorderdeck, hoch zu den Masten hallen Kommandorufe, und aus der Kombüse ist schon das Mittagessen zu riechen: Nudeln mit Gulasch, dazu Salat, wird der Smutje gleich servieren.

Schweiß, Schwielen und Muskelkater

Die scheinbare Idylle zwischen Traumschiff- und Seefahrer-Romantik müssen sich die Besatzungsmitglieder der "Gorch Fock" mit Schweiß, Schwielen und Muskelkater hart erkämpfen. Denn alles ist echte Handarbeit auf dem 90 Meter langen Segelschulschiff, die Unterkunft spartanisch: Geschlafen wird unter Deck gemeinsam auf engstem Raum in Hängematten, jeder hat nur einen Spind, der klein ist wie ein Bahnhofsschließfach. Allein ist man an Bord nie.

Da heißt es, Rücksicht nehmen und ungefragt mit anzupacken — die Philosophie eines Windjammers, die im Computerzeitalter mehr denn je Gültigkeit habe, meint Kommandant Norbert Schatz (51). Er sieht sein Schiff als "gute Lebensschule, die charakterbildend ist". Kadetten, die frisch von der Schulbank kommen und als Individualisten erzogen sind, müssen zu Teammitgliedern werden. Der Kapitän zur See: "Einer allein kann das Schiff nicht bewegen. Die Kadetten müssen lernen, einander zu helfen, müssen bereit sein, anderen zu vertrauen. Das Segelschiff ist da nur ein Hilfsmittel."

Aber das beste Hilfsmittel, das es gibt, davon ist Norbert Schatz überzeugt und malt, der Sonne zum Trotz, ein Bild von Sturm und Regen: "Stellen Sie sich vor, Sie müssen morgens um vier Uhr raus, die Segel bergen. Es ist dunkel, nass und kalt, das Schiff kämpft gegen die Wellen. Da kann man nur Erfolg haben, wenn alle an einem Strang ziehen — und das wortwörtlich."

Aus einem anderen Zeitalter

Die jungen Offizieranwärter kommen auf ihren sechswöchigen Reisen ganz unmittelbar in Kontakt zu Wetter und See, lernen hautnah die Grundzüge der Navigation kennen. Das sei eine viel intensivere Schulung, als sie auf den heutigen Schiffen möglich wäre, die mit Elektronik vollgestopft sind und mit Computerhilfe gesteuert werden.

Norbert Schatz weiß, wovon er spricht: Er lernte 1976 selbst auf der "Gorch Fock" und war später als Ausbilder und Erster Offizier insgesamt achteinhalb Jahre an Bord, unterbrochen von Stabsverwendungen und Dienst auf "grauen Schiffen" wie der Fregatte "Bayern", deren Kommandant Schatz von 2000 bis 2003 war.

"Dong, dong" — der Gefreite an der Schiffsglocke zeigt auf traditionelle Art die Uhrzeit an. Zwei "Glasen" (Glockenschläge) stehen für eine Stunde — Tradition pur an Bord des Schiffes, das gerade unter vollen Segeln von Rostock zurück in den Heimathafen Kiel fährt. Neuneinhalb Stunden wird die Fahrt dauern, bei etwa elf Knoten (etwa 20 km/h) kann die "Gorch Fock" fast mithalten mit dem Küstenmotorschiff auf Parallelkurs, dessen Besatzung eifrig winkt. Eine Segelyacht kreuzt an achtern, ein Hubschrauber knattert vorbei, sogar ein U-Boot fährt aufgetaucht nebenher. Die "Gorch Fock" aus einem anderen Zeitalter ist auch auf hoher See eine echte Attraktion.

Deutschlands "Botschafterin in Weiß"

"Uns wird sehr viel Sympathie entgegengebracht", sagt Kapitän Schatz, der sein Schiff als Deutschlands "Botschafterin in Weiß" sieht. Der unbewaffnete Segler, offiziell als Hilfsschiff Nummer A 60 der deutschen Marine eingestuft, brach auch das Eis im Kalten Krieg und war 1974 als erste Einheit der Bundeswehr zu Gast im polnischen Danzig. Andere diplomatisch schwierige Missionen wie in Israel meisterte sie ebenfalls. Beliebt ist die Bark zudem als schwimmende Plattform für die Bewirtung hoher in- und ausländischer Gäste.

Kurz vor der Insel Fehmarn ziehen bleigraue Wolken auf, die "Gorch Fock" liegt schräg im Wind, von der Steuerbord-Seite (rechts) nach Backbord (links) muss man nun bergauf laufen und torkelt dabei als Landratte bei dem leichten Seegang ein wenig. An Deck steht der Besucher immer im Weg: Sechs Männer in blauen Overalls drängen sich vorbei, zerren unter lauten Anfeuerungsrufen an einem dicken Seil, damit sich oben in der Takelage etwas bewegt.

Das Gewirr von Tauen und Seilen, die vielen verschiedenen Segel sind für den Laien ein ähnliches Buch mit sieben Siegeln wie die Bordsprache. "Alle Marsen gesetzt", brüllt der Oberleutnant durchs Megaphon — gemeint sind die zweite und dritte Segeletage am mittleren Mast.

Tödlicher Unfall an Bord

Atemberaubend ist das Segelbergen vor dem Einlaufen in Kiel. 40 Mann entern blitzschnell in die bis zu 45 Meter hohen Masten, hangeln sich wie Artisten in der Zirkuskuppel an den Rahen entlang nach außen und können sich erst an ihrem luftigen Arbeitsplatz mit dem Sicherungsgurt einhaken. Fast zwei Stunden schuften die Seeleute, bis sie die riesigen Segel, imposante 2000 Quadratmeter Fläche, endlich eingerollt haben. "Ja, Gefahren lauern dort oben eine ganze Menge", bestätigt Fregattenkapitän Achim Winkler, der die "Gorch Fock" als Presseoffizier begleitet. "Gefährlich ist es aber nur, wenn man leichtsinnig wird."

So gab es am 17. September 1998 sogar einen tödlichen Unfall. "Angesichts der großen Zahl der Ausgebildeten in den 50 Jahren ist das jedoch zum Glück ein verschwindend geringer Prozentsatz", meint Winkler, der aus Niederkrüchten im Kreis Viersen stammt und selbst auf dem Schulschiff zur See gefahren ist. "Trotzdem: Sicherheit ist hier höchstes Gebot. So gibt es Kadetten, die gleich begeistert wie die Kletteraffen losstürmen. Die müssen wir erst mal bremsen."

Langsam werden die angehenden Marineoffiziere bei ihrem Bordpraktikum an die Arbeit in schwindelnden Höhen gewöhnt. Vier bis fünf von jeweils 100 Lehrgangsteilnehmern verweigerten dennoch im Durchschnitt den Aufstieg, berichtet Winkler. Auswirkungen auf ihre Karriere habe das aber nicht. "Es gibt auch an und unter Deck genug zu tun." Längst sind zahlreiche Frauen unter den Kadetten, und am jetzt beginnenden neuen Törn nehmen sogar sechs Soldaten des Heeres teil. Für sie ist die Seefahrt eine Belohnung, weil sie die Heeresoffizierschule als Lehrgangsbeste abgeschlossen haben.

Vor ihrem 50. "Geburtstag" wurde die "Gorch Fock" für 4,5 Millionen Euro generalüberholt und erhielt neue Segel. Kapitän zur See Schatz ist sicher, dass sein Schulschiff auch nach 75 Jahren noch im Einsatz sein wird. "Das ist eher eine Frage des politischen Willens. Das Schiff muss ständig instand gesetzt werden. Ich bin überzeugt, dass sich die Marine weiterhin des hohen Wertes dieser schwimmenden Erziehungsanstalt bewusst ist."

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