Warum wurde Michala entführt? Raub von tschechischem Baby rätselhaft

Dresden/Neuwied/Usti · Fünf Tage war das Baby Michala aus Tschechien in der Gewalt von Fremden in Deutschland. Nach dem glücklichen Ende der Entführung bleiben die Motive und Hintergründe des Falls zunächst mysteriös.

 Zufall, Racheakt oder Familienzwist? Die tschechische Polizei tappt bei den Motiven für die Entführung noch im Dunkeln.

Zufall, Racheakt oder Familienzwist? Die tschechische Polizei tappt bei den Motiven für die Entführung noch im Dunkeln.

Foto: dpa, Rada Miroslav

Zufall, Racheakt oder Familienzwist? Ein Mann im Hawaiihemd raubt ein knapp drei Wochen altes Baby in Usti nad Labem (Aussig/Tschechien) aus dem Kinderwagen. Die Mutter muss hilflos zusehen. Erst nach fünf qualvollen Tagen eine erlösende Nachricht: Deutsche Fahnder haben einen Säugling im fraglichen Alter und mit schwarzem Haarflaum gefunden - 600 Kilometer entfernt, gesund und wohlauf. Vier Verdächtige werden festgenommen, ein Thüringer und eine Frau aus Rheinland-Pfalz kommen in Untersuchungshaft.

Damit erschöpfen sich die offiziellen Informationen zu dem Fall, der angesichts der Spekulationen in deutschen und tschechischen Medien und widersprüchlicher Angaben von Behörden immer rätselhafter wird. So gehen die Ermittler dies- und jenseits der Grenze zwar "höchstwahrscheinlich" davon aus, dass die Odyssee von Michala zu Ende ist. Die Identität des gefundenen Babys ist aber noch nicht "gerichtsfest" erwiesen, sagte am Mittwoch Alexander Keller von der Dresdner Staatsanwaltschaft. Das Ergebnis der DNA-Untersuchung steht noch aus.

Ustis Polizeichef Vladimir Danyluk indes erklärte, dass Michala zweifelsfrei identifiziert sei - ohne seine Erkenntnis zu erläutern. Verwirrung auch um die Mutter, laut Medienberichten eine 20-Jährige. Sie warte zu Hause auf ihr Töchterchen, wie der Großvater sagte. Andere Medien hatten berichtet, dass sie sofort auf dem Weg zu ihrem Kind sei. Jetzt soll sie sich aber gegen die Behörden durchgesetzt haben und nach Deutschland fahren können, berichtete der TV-Sender CT24. Zuvor hatte die Polizei noch betont, das Kind werde nur von tschechischen Beamten abgeholt.

Offiziell bleiben Behörden auch zu Baby und Familie wortkarg. So will das Krankenhaus St. Elisabeth in Neuwied unter Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht nicht preisgeben, wie es dem Säugling geht. Das Jugendamt, in dessen Obhut sich das kleine Mädchen derzeit befindet, gibt "im Interesse des Kindes keinerlei Auskunft zu dem Fall". Der Sprecher ließ auch offen, ob Michala möglicherweise schon auf dem Weg nach Hause ist. Laut Polizeichef Danyluk wird sie formell von den deutschen an die tschechischen Behörden und nicht direkt an die Mutter übergeben.

Zu den Inhaftierten gab Staatsanwalt Keller immerhin Alter und Herkunft bekannt. Ob sie aber Auskunft über Motive und Umstände der Entführung machten und was sie bei Vernehmungen sagten: Schweigen wie über die Details der erfolgreichen Fahndung. Nur der "Bild"-Zeitung ist zu entnehmen, dass eines der gestohlenen Kennzeichen am Fluchtauto während der Fahrt verlorenging. Ein Bild vom richtigen Schild führte danach zum Mietwagen-Anbieter und Fahrer.

Für die Polizei in Usti ist Michala entweder Zufallsopfer, gezielt entführt worden oder Leidtragende eines Konflikts innerhalb der Roma- Gemeinschaft. Eine Fehde in der Großfamilie schloss Großvater Radomir Niedl ebenso aus wie einen Racheakt deutscher Geschäftspartner am Kindsvater. "Das sind alles Erfindungen", sagte er dem Internetportal "Idnes.cz". Nachbarn erzählten indes, dass sich Michalas Vater vor der Polizei versteckt - wegen illegaler Autoschiebereien.

(dpa)
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