Gewählt "Entlassungsproduktivität" ist Unwort des Jahres

Frankfurt/Main (rpo). Das Unwort das Jahres 2005 lautet "Entlassungsproduktivität". Das gab die Jury am Dienstag bekannt. Sie hatte aus knapp 1.100 Vorschlägen ausgewählt.

 Unwort des Jahres: "Entlassungsproduktivität."

Unwort des Jahres: "Entlassungsproduktivität."

Foto: rponline

Damit sei eine gleichbleibende, wenn nicht gar gesteigerte Arbeits- und Produktionsleistung gemeint, nachdem zuvor zahlreiche für "überflüssig" gehaltene Mitarbeiter entlassen worden seien, begründete die Jury um den Sprachwissenschaftler Horst Dieter Schlosser am Dienstag in Frankfurt am Main ihre Entscheidung.

Der Begriff verschleiere damit die meist übermäßige Mehrbelastung derjenigen, die ihren Arbeitsplatz noch hätten behalten können.

Auf Platz zwei landete der "Ehrenmord". Mit der sprachlich paradoxen Formulierung könne "die Ermordung von in der Regel weiblichen Familienmitgliedern mit Berufung auf eine archaische, in unserem Kulturkreis absolut inakzeptable Familienehre" relativiert werden, erklärte die Jury.

Den dritten Rang nahm das Wort "Bombenholocaust" ein. Dies stelle einen weiteren Höhepunkt der Leugnung, zumindest der Verniedlichung des NS-Völkermords dar. Mit dem Begriff habe die NPD im sächsischen Landtag im Januar 2005 geglaubt, die Zerstörung Dresdens umschreiben zu müssen.

Eine unabhängige Jury von Sprachwissenschaftlern sucht seit 1991 jährlich Begriffe, die "besonders negativ aufgefallen" sind, weil sie "sachlich grob unangemessen sind und möglicherweise sogar die Menschenwürde verletzen". Zuletzt war der Begriff "Humankapital" zum Unwort des Jahres 2004 gewählt worden.

Börsianer wählen "Heuschrecken"

Die Düsseldorfer Börsenmakler haben den Begriff "Heuschrecken" zum Unwort des Jahres 2005 gekürt. Wie die Börse am Dienstag zur Begründung mitteilte, zeichnet die im Frühjahr 2005 vom damaligen SPD-Chef Franz Müntefering gewählte Bezeichnung für Finanzinvestoren "ein völlig falsches Bild".

Sie verunglimpfe eine gesamte Branche, da Studien belegten, dass Finanzinvestoren überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze schaffen und Gewinne erwirtschaften.

Das Börsen-Unwort wurde zum fünften Mal gewählt. Im Vorjahr hieß es "Seitwärtsbewegung". Die Aktion orientiert sich an der Wahl des "Unworts des Jahres", das ebenfalls am Dienstag bekannt gegeben wurde. Die Frankfurter Jury kürte das Wort "Entlassungsproduktivität" zum größten sprachlichen Missgriff in der öffentlichen Kommunikation.

(afp2)
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