Interview Antje Heymanns Trickdiebe: Vorsicht ist der beste Schutz

Willich · In den vergangenen Tagen kam es im Kreis Viersen vermehrt zu Trickdiebstählen. Allein in Willich gab es Mittwoch sieben Fälle von versuchtem Enkeltrickbetrug. Kriminalhauptkommissarin Antje Heymanns erläutert, wie man sich schützen kann.

 Antje Heymanns, Sprecherin der Kreispolizei Viersen.

Antje Heymanns, Sprecherin der Kreispolizei Viersen.

Foto: Busch

Was genau versteht man eigentlich unter einem Trickdiebstahl?

Heymanns Die Polizei versteht darunter alle Diebstähle, die auf eine besondere Begehungsart begangen werden, nämlich mit Tricks. Dabei ist die Trickpalette weit gestreut.

Welche Arten von Tricks gibt es?

Heymanns Wir unterscheiden zunächst einmal zwischen den Tricks auf der Straße und denen an der Haustüre. Auf der Straße reicht die Palette von Anrempeln, einen Bürger mit irgendetwas bekleckern und ihm beim Säubern helfen, über Geld wechseln, nach dem Weg fragen bis hin zu Ablenktricks wie beim Einkaufen nach einem Produkt zu greifen und eine Person um Hilfe beim Lesen zu bitten. Der Fantasie der Täter sind da keine Grenzen gesetzt.

Es gibt auch Tricks an der Haustüre, oder?

Heymanns Richtig. Dabei wollen sich die Täter Einlass verschaffen. Hier sind sie nicht minder erfindungsreich. Es wird an die Hilfsbereitschaft appelliert, indem eine angeblich schwangere Frau nach einem Glas Wasser fragt. Es ist der falsche Handwerker, der Mann vom Wasserwerk oder eine unechte Amtsperson wie ein Polizist. Andere wollen an der Hautüre angebliche Schnäppchen verkaufen, und während ein Opfer noch mit dem Betrachten der Ware beschäftigt ist, befindet sich ein Komplize in der Wohnung. Sehr beliebt ist auch der Enkeltrick, der zunächst mit Anrufen einhergeht, bei denen der angebliche Enkel dringend Geld braucht und ein Freund dieses holen kommen soll.

Wie können sich Bürger schützen?

Heymanns Im Bereich der Wohnung gilt: Man sollte niemanden, den man nicht kennt, hereinlassen. Sehr hilfreich ist hier ein Sperrbügel oder eine Kette. Fragt jemand nach einem Glas Wasser oder braucht Stift und Papier, um der Nachbarin angeblich eine Nachricht zu schreiben, kann man dies problemlos bei vorgelegter Sperre hinausreichen. Allerdings verschwinden die Täter sehr schnell, wenn sie merken, sie kommen nicht herein. Sie versuchen in der Regel nicht, mit Gewalt eine solche Sperre zu durchbrechen. Niemals Nummern wählen, die auf irgendwelchen Ausweisen oder Unterlagen stehen. Die Nummer einer Behörde, von der die Person angeblich kommt, selber im Telefonbuch nachschlagen und nachfragen. Auch die Polizei kann angerufen werden. Lieber einmal zu viel anrufen, als zu wenig. Wir kommen gerne und überprüfen.

Was sollte man draußen tun?

Heymanns Wertsachen sollten am Körper und nicht in Handtaschen getragen werden. Nur das mitnehmen, was man wirklich braucht. Die PIN seiner Karte nicht in der Geldbörse aufbewahren und nicht als Telefonnummer tarnen. Täter durchschauen das. Zudem haben wir eine Bitte an Bankbeamte: Wenn Senioren ungewöhnlich hohe Beträge vom Konto abheben, nachfragen, wofür das Geld gebraucht wird. Hier trifft oftmals der Enkeltrick oder der angebliche Handwerker, der Vorkasse haben möchte, zu. Sollten Ungereimtheiten vorkommen, die Polizei alarmieren. So kann es uns gelingen, Täter, die vor der Bank warten oder das Geld später holen kommen wollen, zu erwischen.

Wer ist bei Trickdiebstählen besonders betroffen?

Heymanns Draußen sind es alle Personengruppen, Frauen und Männer jeden Alters, wobei auch dort bevorzugt Senioren angegangen werden. Bei den Delikten an der Haustüre sind es fast immer Senioren.

Wie häufig kommen Trickdiebstähle vor?

Heymanns Eine nicht leicht zu beantwortende Frage. Im Jahr 2011 hatten wir 30 Fälle von Trickdiebstählen und -betrügereien an Wohnungen von Senioren. Im vergangenen Jahr waren es 25 Fälle.

Sind das alle?

Heymanns Nein. In diesen Zahlen sind nicht die Straftaten beim Einkaufen oder auf der Straße enthalten, sondern nur die Fälle der klassischen Trickdiebstähle und -betrügereien an der Haustüre wie Handwerker, Enkeltrick und dergleichen. Wir gehen aber von einem großen Dunkelfeld aus, da viele Opfer sich schämen und den Betrug nicht zur Anzeige bringen. Wir stellen fest, dass sich die Fälle wellenmäßig bewegen. Die Täter scheinen Kreis um Kreis vorzugehen, zu verschwinden und irgendwann wieder einmal aufzutauchen. Wir können nur zur Vorsicht mahnen und bitten, bei Unsicherheiten die Polizei anzurufen. Ist es trotz allem passiert, sollte auf jeden Fall Anzeige erstattet werden. Nur so erfahren wir von dem Vorfall und können andere Bürger warnen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE RP-MITARBEITERIN NATASCHA BECKER

(RP/rl)
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