Leverkusen/Wermelskirchen Frech, unpünktlich: Knigge-Kurse für Azubis

Leverkusen/Wermelskirchen · Der Ausbildungsmarkt dreht sich – waren früher die Unternehmen diejenigen, die unter den Azubi-Anwärtern aus dem Vollen schöpfen konnten, haben nun die Bewerber die Qual der Wahl.

Tipps: Was Azubis wissen sollten
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Foto: ddp

Der Ausbildungsmarkt dreht sich — waren früher die Unternehmen diejenigen, die unter den Azubi-Anwärtern aus dem Vollen schöpfen konnten, haben nun die Bewerber die Qual der Wahl.

Das weiß auch Stefan Krause, Leiter der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach. "Es gibt immer weniger Schüler, die Unternehmen konkurrieren um die Bewerber." Darauf reagieren beide Seiten: Die Unternehmen melden ihre Ausbildungsplätze bei der Agentur, die einen deutlichen Zuwachs registriert. Und die reagiert. Denn: "Etwas mehr als die Hälfte aller Bewerber kommen von einer berufsbildenden Schule, bisher haben wir unsere Aquise aber an allgemeinbildenden Schulen betrieben", merkt Krause an. "Da müssen wir umdenken."

"Realitätsschock" im Betrieb

Und nicht nur da: Nach wie vor fehlen vielen Bewerbern die sogenannten "soft skills", die "preußischen Tugenden", wie Alexander Uhr, stellvertretender Leiter der Ausbildung der IHK Köln, sie nennt. Pünktlichkeit, Höflichkeit, Kritikfähigkeit, Fleiß, Ehrlichkeit — 54 Prozent der Betriebe der IHK schicken ihre Azubis mittlerweile in Knigge-Kurse. "Das sind Defizite, die müssen ausgemerzt werden", sagt auch Krause. "Viele machen einen Realitätsschock durch, wenn sie in einen Betrieb kommen. Sie müssen Kritik und Tadel aushalten und sogenannte 'Nehmer-Qualitäten' entwickeln." Daran müssten alle Seiten nach wie vor dringend arbeiten.

Keine Warteschleife, erst Lehre

747 Berufsausbildungsstellen wurden dem gemeinsamen Arbeitgeberservice von Agentur für Arbeit und Jobcenter seit Oktober 2011 gemeldet, das sind 22 oder 2,9 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Krause: "Das macht aber nichts, die Hochzeit kommt erst noch. Wir haben gerade ein Viertel des Geschäftsvolumens in trockenen Tüchern." 808 Bewerber sind derzeit in Leverkusen gemeldet (150 mehr als 2011), 842 in Bergisch Gladbach (344 mehr), 984 in Gummersbach (360 mehr), 318 in Wermelskirchen (120 mehr).

Bis Ende März wurden im Bereich der IHK Köln mit 2158 Verträgen 143 neue Ausbildungsverhältnisse weniger eingetragen als zum Vorjahresstichtag. In Leverkusen 194 (minus 44 Verträge), im Rheinisch-Bergischen Kreis 125 (minus 24 Verträge). Alexander Uhr: "Wir müssen die Lehre attraktiver gestalten und den Schülern klar machen, dass sie sich nicht in die Warteschleife der weiterführenden Schulen einreihen müssen. Eine Ausbildung ist ein guter Start in die berufliche Karriere — danach kann man immer noch sein Abitur machen und studieren."

Sorgen macht die sich Kreishandwerkerschaft in Leverkusen vor allem um den Bereich der Friseure, hier haben sich im vergangenen Jahr die Zahl der Ausbildungsstellen von 80 auf 40 halbiert.

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