Viersen Beim Tauschring spielt Geld keine Rolle

Viersen · Die Mitglieder der Dülkener Bürgerinitiative tauschen ihre Fähigkeiten und Waren. So helfen sie sich gegenseitig bei Umzügen, Reparaturen oder Hausarbeiten. Bezahlt wird dabei mit sogenannten Talentpunkten

 Mit Talent, Zeit und freiwilligem Einsatz helfen die Mitglieder des Tauschrings einander aus. Anne van Pol (li.) und Ulrike Seifert-Kraft tauschen zum Beispiel auch Musikunterricht.

Mit Talent, Zeit und freiwilligem Einsatz helfen die Mitglieder des Tauschrings einander aus. Anne van Pol (li.) und Ulrike Seifert-Kraft tauschen zum Beispiel auch Musikunterricht.

Foto: jörg knappe

Gegenstände und Dienstleistungen anbieten und bekommen, ohne dass auch nur ein Cent dabei fließt. Klingt vielleicht zu schön, um wahr zu sein, doch genau so funktioniert die Bürgerinitiative Tauschring "Zeitgeist" im Kreis Viersen. Hier bezahlen die Mitglieder nicht mit Geld, sondern mit "Talenten" - so heißen die Punkte, die dabei als Währung dienen.

Nachdem es früher schon mal einen Tauschring gab, der dann aber im Sande verlief, riefen die Initiatoren Renee Lamerz und Ulli Ilbertz ihn im Jahr 2014 wieder ins Leben. Die Bürgerinitiative hat zurzeit 27 Mitglieder, die zwischen 29 und 70 Jahre alt sind. "Tausche deine Talente, Geld spielt keine Rolle" lautet hier das Motto.

Jedes Mitglied besitzt ein Sammelheft, in das die Talente eingetragen werden. Demjenigen, der die Arbeit geleistet hat, werden Talentpunkte gutgeschrieben und der Person, für die die Arbeit erledigt wurde, werden diese abgezogen. "Das ist ein ständiges Geben und Nehmen", sagt Anne van Pol, eine der Organisatoren des Tauschrings, und fährt fort: "Wir sind eine Art Nachbarschaftshilfe, nur dass wir eben keine Nachbarn sind."

Bei dem Tausch von Dienstleistungen rechnen die Beteiligten nach der erbrachten Zeit ab. Eine Stunde entspricht 60 Talentpunkten. So reparieren die Mitglieder die Computer der anderen, geben Nachhilfe, helfen bei Gartenarbeiten, beim Entrümpeln des Kellers oder beim Umzug, ohne dass dabei Geld fließt.

Bei Gegenständen, die die Mitglieder verkaufen oder verleihen, einigen sie sich auf eine angemessene Talentzahl. "Die Ware wird auf unsere Website gestellt und interessierte Mitglieder können sich dann beim Anbieter melden", erklärt van Pol. "Wir haben in meinem Garten auch schon mal einen Trödelmarkt veranstaltet", erzählt sie. Auch da wurde natürlich nur mit Talenten bezahlt.

Es ist allerdings nicht weiter schlimm, wenn der Talent-Kontostand auch mal in den negativen Bereich rutscht. Wenn jemand Hilfe beim Umzug benötigt, aber das Konto nicht so viele Talentpunkte hergibt, sei es selbstverständlich, dass man da trotzdem hilft, betont Tauschring-Mitglied Ulrike Seifert-Kraft: "Wenn man sich gut versteht, achtet man nicht immer auf die Punkte. Die Bürokratie ist da nicht so wichtig."

Einzelne Mitglieder haben das in der Vergangenheit aber auch schon ausgenutzt, indem sie nur die Hilfe anderer angenommen haben, aber nie ihre Hilfe angeboten haben. "Damit das nicht passiert, schauen wir uns die Leute vor der Anmeldung einmal an und gucken, ob das passt. Wir vertrauen da auf unsere Menschenkenntnisse", sagt van Pol.

Bei der Bürgerinitiative können die Mitglieder auch soziale Kontakte knüpfen. Sie unternehmen gelegentlich Ausflüge zusammen oder organisieren Feste. Dabei gilt aber laut van Pol immer: "Das alles ist kein Muss, nur ein Kann. Niemand wird dazu gedrängt, bei den Veranstaltungen mitzumachen."

"Ein Mindestalter gibt es bei uns nicht. Hauptsache man ist freundlich, hilfsbereit und hat Fähigkeiten, die anderen helfen können", betont van Pol. Die Mitgliedschaft im Tauschring ist beitragsfrei. Es wird lediglich eine jährliche Verwaltungsgebühr von sechs Euro erhoben. Als Startkapital bekommt jedes Mitglied bei der Anmeldung 180 Talentpunkte gutgeschrieben.

(RP)
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