Solingen Ausländeramt hilft bei Kampf gegen Schleuser

Solingen · Ob die Blanko-Aufenthaltspapiere der Stadt Solingen, mit denen eine Schleuserbande Menschen aus dem Nahen Osten nach Deutschland gebracht hat, gestohlen oder von einem Mitarbeiter der Solinger Ausländerbehörde verkauft worden sind, lässt sich wohl nicht mehr aufklären.

Der Hauptangeklagte der Schleuserbande, der am Dienstag von dem Essener Landgericht zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, hatte erklärt, dass die Papiere von dem städtischen Mitarbeiter angekauft worden waren. "Aber wir können den Stadtmitarbeiter nicht mehr vorladen, weil er mittlerweile verstorben ist", berichtete Staatsanwalt Jörg Menard auf Anfrage der Morgenpost. Die Essener Staatsanwaltschaft hatte die Akten aus Wuppertal übernommen.

Ermittlungen vor drei Jahren, als das Fehlen der Aufenthaltstitel in der Klingenstadt bemerkt worden war, hätten zu keinem Ergebnis geführt und seien deshalb eingestellt worden, erklärte Menard. Im Rahmen des Verfahrens, das sich gegen unbekannt gerichtet habe, sei auch gegen den ehemaligen Mitarbeiter der Solinger Ausländerbehörde wegen möglicher Bestechlichkeit ermittelt worden.

Mike Häusgen, der Leiter des Solinger Ausländeramtes, kann sich an den Fall noch gut erinnern, arbeitet seine Behörde doch seitdem eng mit der Bundespolizei zusammen, um die fehlenden Papiere wiederzufinden. Bei zwei Diebstählen im Jahr 2007 seien einmal 50 und einmal zwölf Aufenthaltspapiere entwendet worden.

"Das sind kleine Etiketten, ähnlich wie ein Visum", erklärt Häusgen. Zusammen mit einem Foto und einem Aufdruck klebe man die Etiketten in einen Pass und bekomme so das Recht, unbehelligt nach Europa einzureisen. Um Missbrauch möglichst zu vermeiden, seien die Etiketten mit Seriennummern versehen. "Werden sie gestohlen, können sie zur Fahndung ausgeschrieben werden." Dies sei aber in Solingen nur die zwei Mal in 2007 passiert — obwohl schon mehrfach in das Ausländeramt eingebrochen worden sei. "Im August 2009 hatten Einbrecher sogar versucht, einen Tresor aufzuschweißen." Allerdings ohne Erfolg.

Schon mehrere Einbrüche ins Amt

Häusgen steht fest hinter seinem früheren Kollegen. "Ich glaube nicht, dass er die Papiere verkauft hat, sondern gehe davon aus, dass sie aus seiner Schublade geklaut worden sind", sagt Häusgen. "Der Kollege hatte über 20 Jahre hier gearbeitet und war sehr vertrauenswürdig." Gemeinsam hätten sie damals bei der Polizei Anzeige gegen unbekannt erstattet.

Und seitdem sitze das Solinger Ausländeramt bei den Ermittlungen der Bundespolizei gegen die Schleuserbande mit im Boot. "Erst im Zuge der Zusammenarbeit haben wir mitbekommen, dass tatsächlich Menschen mit unseren Etiketten im Pass nach Deutschland eingereist sind."

(RP)
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