Rheinberg Kelly-Family im Schleudergang

Rheinberg · „The Pops“ in der Stadthalle: Der Polen-Polka-Pop der Familie Popolski aus Zabrze ist jeden Zloty wert, der einem an der Kasse abgeknöpft wird. Rock’n’Roll-Comedy aus dem tiefen Osten – und den „Wuttka“ gibt’s gratis dazu.

Der „Wuttka“ wurde artig mit dem Publikum geteilt, die Polka peitschte durch die mit mehr als 700 Besuchern gefüllte Stadthalle und die Fans waren total aus dem Häuschen. Kurzum: Der Polen-Pop der schrägen Familie Popolski war an diesem Abend jeden Zloty wert.

Das ist schon eine harte Truppe, die sich da aus dem tiefen Osten („Zabrze, ich komm’ aus dir, Zabrze, ich häng’ an dir“) aufgemacht hat, um die Wahrheit darüber ans Licht zu bringen, wie das wirklich war mit all den schönen Pop-Hits der letzten 50 Jahre. Dass die ganzen Tantiemen dafür nur in die Taschen der „bekloppsten Amerikaner“ und der „ausgeflipsten Engländer“ fließen. Weil skrupellose Manager die polnischen Popolskis beklaut haben. Das alles wissen die Rheinberger längst. Schließlich waren der große Bruder Pavel Popolski und seine Leute schon viermal in der Stadt. Bisher allerdings immer im „Schwarzen Adler“.

„Wir sind das Polk!“

Ihr Humor ist schräg wie der der „Leningrad Cowboys“. Dabei ist diese sozialistische Kelly-Family im Schleudergang auf dem besten Wege, so kultig wie die „Rocky Horror Picture Show“ zu werden – einige Fans waren schon 15mal in der Show. Gnadenlos ist die Polkaisierung des Rock’n’Roll mit imaginärem Aufdruck: „Wir sind das Polk!“

Ob Anastacia wusste, dass ihr „I’m outta love“ ursprünglich ein Schunkelwalzer war? Ob Michael Holm ahnte, dass er einst auf der Straße nach Mandocino ohne Navi unterwegs war, weil Pistowice das wahre Ziel war? Ob „Lynyrd Skynyrd“ es für möglich hielten, dass ihr „Sweet Home“ nicht in Alabama, sondern in Kattowice lag? Und ob sich Gloria Estefan jemals vorstellen können wird, dass man ihr „Let’s get loud“ so leise spielen kann, dass man eine Rastalocke der Wurstkopffrisur von Gitarrist Mirek Popolski fallen hören könnte?

Ach wie schön ist Rumtata!

Ach wie schön ist Rumtata, mochte man denken, als man „das jungste“ und so schüchterne Brüderchen Janusz da so Bass zupfen hörte. Wer konnte auch ahnen, dass ausgerechnet dieser zart besaitete Band-Benjamin bei „Cherie, Cherie Lady“ einen total Flash bekommen sollte? Herrlich, wie diese Popolskis mit ihrem Publikum „nach der Strich und nach der Faden“ einheizten – mit Top-Musik, mit intelligent gemachter Comedy, unglaublichen Ansagen, witzigen Bildeinspielungen und mit fiesen Acryl-Pullundern. Die spinnen, die Polen? Nein: Ganz liebenswürdige Zeitgenossen sind das. Auch wenn sie meistens vom Wodka „chackedicht“ sind.

(RP)
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