Ratingen Ludwin Seiwert ist jetzt im Ruhestand

Ratingen · Mit einem Gottesdienst in der übervollen Kirche in West wurde der beliebte Pfarrer gestern verabschiedet.

 Verabschiedungs-Gottesdienst für Pfarrer Ludwin Seiwert (2.v.r.)

Verabschiedungs-Gottesdienst für Pfarrer Ludwin Seiwert (2.v.r.)

Foto: achim blazy

West Das dürfte es in einer Kirche lange nicht mehr gegeben haben: Beim Abschiedsgottesdienst von Pfarrer Ludwig Seiwert am Maximilian-Kolbe-Platz gab es kein Platz mehr in der Kirche. In den Bänken saßen die Menschen dicht an dicht, an der Seite und im hinteren Teil standen sie sogar in Dreierreihen.

Selbst im Pfarrsaal gegenüber waren die Stuhlreihen fast komplett besetzt - durch die geöffnete Türe konnten die Besucher auch dort die letzte Amtshandlung ihres Pfarrers verfolgen. Und genau deswegen waren sie da: Alte, Junge, Weggefährten. Sie wollten diesen letzten Weg im Dienste Gottes mit dem 74-Jährigen gehen.

Ab heute ist er im Urlaub, zum Ende des Monats dann im Ruhestand. Seiwert, der Kirchensenior mit den wachen Augen, den doch scheinbar nichts aus der Uhr bringen kann. Scheinbar, denn an diesem Abend war zumindest vor dem letzten Einzug in seine Kirche etwas zu bemerken, dass man bei dem sympathischen Wanderfreund sonst so gar nicht kannte: Lampenfieber. "Ich bin schon ein bisschen nervös", bekannte er vor dem Gottesdienst. Und mit dem Blick auf den nicht enden wollenden Strom an Abschiedsgästen war seinen Augen die Freude über diesen Zustrom anzumerken, aber auch die Traurigkeit, dass es nun so weit sein sollte. Das Ende einer Ära.

Aus einer weiteren Station in seiner Karriere sollten letztlich über 25 Jahre werden. Eine Zeit, in der er viele Menschen hat kommen und gehen sehen. Und einige von ihnen waren an diesem Abend gekommen: "Ich habe bei ihm vor über 15 Jahren meine Kommunion empfangen", erzählt ein junger Mann: "Als ich gelesen habe, dass heute sein letzter Tag ist, musste ich unbedingt dabei sein." Sie alle lauschten den kräftigen Worten des kleinen Kirchenmannes, die an diesem denkwürdigen Abend dann doch ein bisschen zittriger klangen, als man es von ihm gewohnt war. Kein Wunder, wurde er doch mit ganz großem Bahnhof verabschiedet. Die Amtskollegen - allen voran Daniel Schilling von St. Peter und Paul - waren da, und auch Mathias Leiche, evangelischer Pfarrer in West und direkter Nachbar von Seiwert im Kirchenzentrum zogen angeführt von einer großen Schar ganz in weiß gekleideten Messdienern in die Kirche ein.

Als er sich nach 1989 auf Anraten des Bischofs für die Pfarrstelle in West bewarb, gab es niemand anders, der dorthin wollte. Und auch Seiwert wollte nicht für immer bleiben: "Wie in meiner vorherigen Gemeinde hatte ich mir als Ziel gesetzt, zehn Jahre zu bleiben", sagt er. Warum er dann doch nicht ging? Da muss der begeisterte Wanderer nicht lange nachdenken: "West ist aufgrund seiner Mischung ein faszinierender Stadtteil, der mich völlig von sich überzeugt hat." Außerdem kam zu dieser Zeit die Zusammenlegung mit Tiefenbroich: "Da wollte ich nicht gehen und mich aus der Verantwortung stehlen. Davon abgesehen ist West ein Stadtteil, der aufgrund seines jungen Alters nur wenig Traditionen hat, die Kirche und ihr Pfarrer ist da eine Ausnahme."

(RP)
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