Kein Rubel aus städtischem Haushalt Kalinin: "Das Fest ist nicht das Ziel"

Kein Rubel aus städtischem Haushalt · Zehn Prozent der Pskower sind arm wie die Kirchenmäuse und damit auch auf die mit Neusser Spendengeldern finanzierte Suppenküche angewiesen, und trotzdem schickt sich die russische Partnerstadt im kommenden Jahr an, ihr 1100-jähriges Bestehen mit einer Vielzahl von Veranstaltungen und einem viertägigen Stadtfest zu feiern. Ein Widerspruch? " Ivan Kalinin, stellvertretender Bürgermeister der Partnerstadt Pskow (Mitte), referierte gestern vor seinen Neusser Freunden über den Stand der Vorbereitungen zum 1100-jährigen Bestehen der Stadt im nächsten Jahr. Mit im Bild: Dolmetscherin Alexandra Pyshowa und Verwaltungssprecher Hans Mietzen. NGZ-Foto: H. Jazyk

Zehn Prozent der Pskower sind arm wie die Kirchenmäuse und damit auch auf die mit Neusser Spendengeldern finanzierte Suppenküche angewiesen, und trotzdem schickt sich die russische Partnerstadt im kommenden Jahr an, ihr 1100-jähriges Bestehen mit einer Vielzahl von Veranstaltungen und einem viertägigen Stadtfest zu feiern. Ein Widerspruch? " Ivan Kalinin, stellvertretender Bürgermeister der Partnerstadt Pskow (Mitte), referierte gestern vor seinen Neusser Freunden über den Stand der Vorbereitungen zum 1100-jährigen Bestehen der Stadt im nächsten Jahr. Mit im Bild: Dolmetscherin Alexandra Pyshowa und Verwaltungssprecher Hans Mietzen. NGZ-Foto: H. Jazyk

Nein", betonte Ivan Kalinin, stellvertretender Bürgermeister in Pskow und Leiter des Vorbereitungsstabes für dieses Jubiläum, der Montag Urlaub von einer Tagung in Mülheim nahm und den Tag für eine Stippvisite nach Neuss und ein Arbeitsgespräch mit Vertretern aus Schule, Kultur und Sport nutzte. Denn "aus dem städtischen Haushalt wird dafür kein Rubel ausgegeben", erklärte er, "und das Jubiläum so angelegt, dass jeder in Pskow etwas davon hat."

Wie das gehen kann? Mit Hilfe des Staates und vieler, vieler Spender und Sponsoren. Denen winkt als Lohn für ihr Tun ein Eintrag in einer Goldenen Chronik besonders ehrenvoller Taten, die, so Kalinin, im Anschluss an das Jubiläumsjahr im Museum ausgestellt wird. Und das reicht? Natürlich nicht. Denn für den Eintrag in ein solches Buch allein würde sich sicher kein so breit gefächertes Engagement entfalten, wie das, von dem Ivan Kalinin gestern den Neussern berichten konnte.

Mit dem Stadtjubiläum in Pskow, so scheint es, wurde eine Aufbruchstimmung erzeugt, die ganz Pskow erfasst hat und von der ganz Pskow etwas haben soll. "Das Fest ist nicht das Ziel", erklärte Kalinin. Ziel sei es vielmehr, "den Menschen die Hoffnung mitzugeben, dass man besser leben kann - abhängig vom Engagement und eigener Teilnahme." Mit einem Präsidentenerlass wurde Pskow auf Regierungsebene Unterstützung für sein Stadtjubiläum zugesagt.

Das dicke Geld ist damit nicht verbunden - "nur" rund 4,1 Millionen Euro -, doch reicht dies, um insgesamt 14 Denkmäler wie etwa den Kreml oder die Dreifaltigkeitskathedrale zu restaurieren. Darüber hinaus strengt sich jedes Ministerium an, der Stadt zum Jubiläum ein Geschenk zu machen. So werden Straßen hergerichtet oder aber der Bahnhof "aufpoliert". Zu der Hilfe staatlicher Stellen kommt das Engagement vieler auch örtlicher Firmen.

Ein Erdöl- und Gaskonzern spendiert der Stadt zehn Fahrzeuge für den medizinischen Rettungsdienst, eine Bank Arbeitsmittel für den Geschichtsunterricht aller Schüler der Stadt, wieder andere Unternehmen pflastern einfach ein Stück der Fußgängerzone vor ihrer Tür neu. Beispiele, die Kalinin in Serie aufzählen kann. Nach gleichem Muster wird auch das Festprogramm finanziert, das mit Ausstellungen, Festen, Sport-Veranstaltungen, Theater-, Jazz- oder auch einem Folkfestival das Jahr in Pskow zu einem einzigen Ereignis machen wird.

Historische Kongresse sollen die Rolle der Stadt in der russischen und der europäischen Geschichte oder - fest gemacht an der Person der Heiligen Olga - die Rolle von Frauen in der RegionalGeschichte beleuchten. Um nur einiges zu nennen. In welcher Form sich die Partnerstadt Neuss an dem Programm beteiligt, wird das Partnerschaftskomitee nach Mitteilung von Verwaltungssprecher Hans Mietzen Anfang nächsten Jahres festlegen.

Zwei Sachen allerdings sind schon jetzt abgemacht. Ein Neusser Künstler soll mit Kollegen aus den anderen elf Partnerstädten in Pskow arbeiten und ausstellen - und der Bürgermeister soll kommen. Der ist, zusammen mit zwei anderen offiziellen Vertretern, für vier Tage im Juli nach Pskow eingeladen, wenn die Stadt ihrer ersten offiziellen Erwähnung in einer Chronik aus dem Jahr 903 gedenkt. -nau

(NGZ)
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