Moers Silbersee - ein Bad mit vielen Rätseln

Moers · Joachim Beinicke hat sich auf die Suche nach den Spuren des ehemals größten Binnenstrandbads der Region gemacht.

 Parkplatzwärter Friedrich war auch Silbersee-Kutscher.

Parkplatzwärter Friedrich war auch Silbersee-Kutscher.

Foto: Archiv

Noch in den 70er Jahren sind wir als Jugendliche mit den Rädern gerne zum Silbersee nach Kapellen gefahren. Schon damals war der Charme des ehemaligen Baggerlochs mit seinem in die Jahre gekommenen Ausflugslokal eher ein morbider. "Bis in die 60er-Jahre hinein war der Silbersee ein Ausflugsziel, das Besucher von weither anzog", sagt Joachim Beinicke (61). Alleine die Seeterrassen hätten bis zu 1000 Besuchern Platz geboten. 60 Kellner hätten zu den besten Zeiten in dem Lokal gearbeitet.

 Blick auf das Silbersee-Bad in den 60er-Jahren.

Blick auf das Silbersee-Bad in den 60er-Jahren.

Foto: Archiv

All das wusste Beinicke nicht, als der pensionierte Mathematiker vor einem Dreivierteljahr eine Parzelle am See mit einem dringend renovierungsbedürftigen Wochenendhäuschen erwarb. Seitdem halten ihn nicht nur die Arbeiten an seiner Datsche in Trab, vor allem die Geschichte des Sees lässt ihn nicht mehr los. Täglich ist er vier bis fünf Stunden mit Nachforschungen beschäftigt. In kürzester Zeit hat er so viel Material zusammenbekommen, dass er nun für sich und einige Interessierte eine Chronik des Silbersees verfassen will.

Was Beinicke bis jetzt aufgrund der Auswertung alter Dokumente oder Gesprächen mit Zeitzeugen zusammengetragen hat, ist im Zeitraffertempo Folgendes:

Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts kaufte eine "Immobiliengesellschaft Niederrhein" ein großes Areal südlich von Niep. Wenig später nahmen die Rheinischen Kies- und Sandwerke ihre Tätigkeit auf. Dahinter steckte die Krefelder Firma Kranen und Gobbers. Die Kieswerke wurden damals schon vom Bergwerk Schacht 5 in Meerbeck mit Strom versorgt. Im benachbarten Kapellen dagegen gab es damals noch keine Elektrizität.

Im Zusammenhang mit seinen Recherchen entdeckte Beinicke Hinweise, dass der Silbersee zumindest kurzzeitig auch über einen eigenen Bahnanschluss als Abzweigung von der Moers-Crefelder Eisenbahn verfügte. Er stieß auf Berichte von Zeitzeugen, die sich noch an einen alten Prellbock und an einen Bahnsteig erinnern konnten.

Doch die Schienen von einst sind ebenso spurlos verschwunden wie der Mammutzahn, der bei den Auskiesungsarbeiten gefunden und jahrelang in der Nieper Volksschule aufbewahrt wurde. Beinicke ist für jeden Hinweis dankbar, der ihm hilft, die Geschichte dieses von Menschenhand geschaffenen Gewässers und seiner Umgebung zu rekonstruieren. Kaum ruhten die Bagger, entdeckten auch schon Badelustige den See. Vor allem abends zog es viele Krefelder vor die Tore der Stadt. Damals soll auch der Name Silbersee entstanden sein, weil sich der Mond so malerisch auf der Wasseroberfläche spiegelte.

Inzwischen hatte der Meidericher Geschäftsmann Hermann Meiwes, der von 1924 bis 1949 Bürgermeister in Kapellen war, das Gelände ersteigert. Er setzte durch, dass die Gemeinde Kapellen dort eine Badeanstalt errichtete mit angeschlossener Gastronomie. Bis zu 1800 Badegäste wurden an heißen Tagen gezählt.

Während der NS-Zeit unterhielt der Reichsarbeitsdienst ein Lager am See. Später wurde das Gebäude der Ausflugsgaststätte in ein Altenheim umgewandelt, das bis heute noch besteht.

Zwischen 1953 und 1983 lagerte die Firma Dujardin ihren Weinbrand am Ufer. Heute hat sich in den ehemaligen Fabrikhallen die Künstlergemeinschaft Seewerk niedergelassen. Mit ihr begann ein neues Kapitel in der Geschichte des Silbersees, das gerade erst begonnen hat.

(RP/ac)
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