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Moers Arme Kinder kommen mit leerem Magen

Moers · Seit sieben Jahren versorgt die mobile Kindertafel bedürftige Jungen und Mädchen in Moers und Kamp-Lintfort.

 Gisela Claus (links) und Gaby Herter versorgen die Kinder mit dem Essen.

Gisela Claus (links) und Gaby Herter versorgen die Kinder mit dem Essen.

Foto: Klaus Dieker

Es ist 13 Uhr, und in der mobilen Kindertafel duftet es nach Mittagessen. Marcel (Namen geändert) ist einer der Ersten, der in den Bus am Dresdener Ring kommt. "Riecht gut", sagt der Achtjährige, "was gibt es denn?" Auf dem Speiseplan stehen Kartoffelsticks und Hähnchenschenkel. Sie wurden wie alle Gerichte der Kindertafel von lokalen Gastronomen zubereitet. "Saulecker", versichert ihm Marion Trummer, die bei der Essensausgabe hilft. Schon seit sieben Jahren rollt die mobile Kindertafel durch Moers und Kamp-Lintfort. Ehrenamtliche Mitarbeiter sorgen in einem umgebauten Linienbus an verschiedenen Standorten dafür, dass Drei- bis 18-Jährige eine gesunde Mahlzeit bekommen. Möglich ist das durch Spenden, die der Verein "Klartext für Kinder" sammelt.

Manchmal sind es 40 bis 45 Kinder, die täglich in den Bus kommen und dort zu Mittag essen. "Für viele ist es die erste Mahlzeit am Tag", erzählt Marion Trummer. Die Idee hinter dem Essen auf Rädern ist, dass gezielt die Gegenden aufgesucht werden, in denen die bedürftigen Kinder leben.

Jeden Donnerstag hält der orange Bus mit den bunten Smiley-Aufdrucken in Moers-Mattheck am Dresdener Ring. In seinem Inneren erinnert nur wenig daran, dass er einmal im Nahverkehr genutzt wurde. So gibt es etwa eine Spülmaschine, Warmhalteboxen für das Essen und Tische, die zwischen den Bussitzen montiert wurden. Daran sitzt die erste Kindergruppe und plappert aufgeregt durcheinander. Thema sind die bunten Plastikbecher: "Ich habe blau wie Elsa von der Eiskönigin", sagt ein Kindergartenmädchen stolz.

Rund 50 Ehrenamtler unterstützen das Projekt und wechseln sich pro Tour ab. An jenem Donnerstag ist Gabi Herter mit dabei: "Es ist traurig, dass es so etwas überhaupt geben muss", sagt sie, dennoch mache ihr die Arbeit Spaß. "Man bekommt viel von den Kindern zurück."

Zur mobilen Kindertafel darf jedes Kind kommen, ein spezieller Berechtigungsschein ist nicht notwendig, wie Marion Trummer erzählt. "Sie dürfen auch ihre Freunde mitbringen, gerade in den Ferien kommt das schon einmal vor." Allgemein hätte die Nachfrage in den vergangenen Jahren zugenommen.

Nach und nach steigen weitere Kinder in den Bus und holen sich ihre Portion bei Gabi Herter und Gisela Claus ab - zunächst nur eine kleine. "Wir wollen ihnen klar machen, dass sie erst einmal aufessen sollen und sich dann gerne einen Nachschlag holen können", erklärt Trummer. Das, was am Ende übrig bleibt, kommt der Tafel für Erwachsene zugute.

Im Speiseplan werde besonders auf Abwechslung und Ausgewogenheit geachtet. Dabei merken die Ehrenamtler, dass einige Kinder bestimmte Gemüsesorten nicht kennen: "Manchmal hören wir Sachen wie, was sind das denn für grüne Körner oder was sind das für gelbe Stangen", erzählt Holger Claus, der seit einem Jahr mit seiner Frau ehrenamtlich in der mobilen Tafel aushilft. Meistens, so wissen es die Mitarbeiter, schmecken die noch unbekannten Gemüsesorten nach anfänglicher Skepsis doch: Trummer erinnert sich gerne an einen Jungen, der den Wirsing so gerne aß, dass er zum Wirsing-König ausgezeichnet wurde.

"Wir sind keine Pädagogen und haben keinen Erziehungsauftrag", betont Trummer. Mit den Kindern kommen sie ins Gespräch, "wir wollen sie natürlich nicht aushorchen." Dennoch: Wenn ein Kind im Winter ohne Jacke oder ohne Strümpfe kommt oder etwa die Brille kaputt ist, werden sie aufmerksam. "Meistens kommt dann "Ach habe ich vergessen", dann fragen wir nach: Brauchst du denn welche?" Denn der Verein "Klartext für Kinder" kann in solchen Fällen aushelfen - zwei Drittel der Spendengelder fließen in diese sogenannte individuelle Einzelfallhilfe.

Immer wieder kommen neue Kinder, andere verlassen den Bus, bedanken und verabschieden sich höflich. "Die Kinder sind nicht vernachlässigt, sondern benachteiligt", sagt Trummer. "Sie sind allesamt ganz toll."

(ubg)
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