Langenfeld Einzelhändler setzen auch aufs Internet

Langenfeld · Internet-Shops bringen die Ladeninhaber in Zugzwang. Wichtig ist überdies eine Stärkung des Einkaufserlebnisses.

 Barbara-Maria Adam von "Teespresso" in der Langenfelder Schoppengasse arbeitet an einem hauseigenen Online-Shop. Im Sommer soll er fertig sein.

Barbara-Maria Adam von "Teespresso" in der Langenfelder Schoppengasse arbeitet an einem hauseigenen Online-Shop. Im Sommer soll er fertig sein.

Foto: Matzerath

Barbara-Maria Adam füllte eine Tüte Earl Grey ab. "Der Druck ist hoch", sagt die Geschäftsführerin des auf Tee, Kaffee und Feinkost spezialisierten Ladens "Teespresso" in der Langenfelder Schoppengasse. Und damit meint sie nicht den Brühdruck einer Espressomaschine, sondern das, was Internet-Versandhändler auf den stationären Einzelhandel ausüben.

Am meisten spüren die Ladeninhaber wohl den Konkurrenzdruck durch Onlineshopping-Marktführer Amazon. Der setzt weiter auf aggressive Expansion, wie der jüngste Quartalsbericht des Unternehmens noch mal deutlich machte. Um 22 Prozent ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen, auf rund 16 Milliarden Dollar.

Auf seinem Wachstumskurs nimmt der Branchenriese sogar deftige Gewinneinbußen in Kauf. Rasend schnell entstehen neue Versandzentren und andere logistische Strukturen, auch wenn dabei kurzfristig ein operativer Verlust entsteht. Die Strategie ist riskant, aber bisher überaus erfolgreich — sehr zum Leidwesen der Einzelhändler.

Teehändlerin Barbara-Maria Adam arbeitet deshalb seit Monaten an einem eigenen Online-Shop, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben. Im Sommer soll die professionell gestaltete Seite fertig sein. "Das ist heutzutage ein Muss", meint die Lagenfelderin. "Im Internet präsent zu sein, hat auch eine große Werbewirkung für das Geschäft." Das "haptische und sensorische Erlebnis" eines Einkaufs vor Ort könne indes auch die beste Website nicht bieten. "Viele Kunden wollen vor dem Kauf das Produkt sehen, fühlen oder probieren", betont die Geschäftsfrau. Das Geschäft im Netz sei daher eher Erweiterung statt Ersatz für den stationären Laden.

Diese Einschätzung ist durch verschiedene Studien belegt. Demnach informiert sich jeder dritte Kunde vor dem Kauf im Internet das gewünschte Produkt — vor allem, wenn es sich um vergleichsweise teure Waren handelt. Umso größer ist die Gefahr, dass diese Kunden ihre Konsumlust irgendwann nur noch online ausleben. Vor allem in den Bereichen Kleidung, Schuhe, Bücher, Musik, Filme und Videospiele verzeichnet der Online-Handel teilweise deutlich zweistellige Wachstumsraten — Tendenz steigend. Die Kaufmotive im Netz sind relativ einfach. Oft sind die Waren im Netz deutlich günstiger zu haben, und sie werden bequem vor die Haustüre geliefert.

Noch besteht freilich kein Anlass zu Fatalismus. In Großstädten steigen die Umsätze des Einzelhandels, weil sie mehr zu bieten haben als Shopping: Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Flair. Wegen ihres Erlebnischarakters sind Köln oder Düsseldorf weniger stark von der Konkurrenz aus dem Internet betroffen. Mittelstädten wie Langenfeld droht daher doppelte Konkurrenz — aus dem Internet und den umliegenden Großstädten.

"Der Einzelhandel vor Ort muss seine Stärken voll ausspielen", meint Sven Lucht. Er betreibt den Bioladen "Rheinkiesel" an der Solinger Straße und ist Ortsvorsitzender im Rheinischen Einzelhandels- und Dienstleistungsverband. "Dazu gehört auch die Schaffung von Zusatzangeboten wie die vom Einzelhandel initiierte Karibik-Nacht."

Individuelles Sortiment, Nähe zum Kunden, Service und professionelle Beratung seien die Hauptargumente für den stationären Einzelhandel. "Darüber hinaus ist es gut, dass sich immer mehr Einzelhändler ins Netz wagen", unterstreicht Lucht. "Online-Handel ist zweiter Vertriebsweg, der sich mit den stationären Geschäften immer stärker verzahnt." Aber auch die "Generation Internet" wolle seiner Erfahrung nach nicht auf das reale Einkaufen verzichten: "Es gibt nur sehr wenige Menschen, die ausschließlich online einkaufen — jedenfalls noch."

Damit das so bleibt, rückt das Einkaufserlebnis in den Mittelpunkt. Nach Ansicht von Citymanager Jan Christoph Zimmermann ist Langenfeld mit Karibik-Nacht, Schlemmermeile, Weihnachtsmarkt und verkaufsoffenen Sonntagen gut aufgestellt. "Die Lage zwischen Köln und Düsseldorf erzeugt ein gewisses Spannungsverhältnis. Aber Langenfeld braucht sich nicht zu verstecken. Wir werden auch künftig Wege finden, um Menschen in die Stadt zu locken."

(dora)
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