Prozess in Köln Haftstrafen für brutalen Überfall auf Rollstuhlfahrer

Köln · Nach drei Monaten ist vor dem Kölner Landgericht ein Raub-Prozess zu Ende gegangen. Drei Männer hatten einen Rollstuhlfahrer in dessen Haus in Köln überfallen und ihm ins Bein geschossen.

Wegen besonders schweren Raubes wurden drei Männer vor dem Landgericht verurteilt.

Wegen besonders schweren Raubes wurden drei Männer vor dem Landgericht verurteilt.

Foto: dpa, hns wok

Marcus B. ging jahrelang ein und aus im Haus von Karl P. (Namen geändert) im Kölner Stadtteil Bickendorf. Der 32-Jährige half dem Mann, der nach einer schweren Erkrankung im Rollstuhl saß — er brachte ihm aber auch Kokain vorbei, das der 71-Jährige regelmäßig bei ihm orderte. Am 3. November 2015 setzte Marcus B. einen Plan in die Tat um, den er offenbar schon länger im Sinn hatte. Karl P. war ein vermögender Mann und traute den Banken nicht. Deshalb bewahrte er jede Menge Bargeld in seinem Haus auf, in dem er mit seiner Frau und zwei Hunden lebte. Das wusste der arbeitslose Marcus B.

Mit zwei Komplizen überfiel er Karl P. — so brutal, dass Ärzte sein Leben nur durch eine Notoperation retten konnten. Wegen besonders schweren Raubes wurden die drei Männer nun vom Kölner Landgericht zu Haftstrafen zwischen sechs und acht Jahren verurteilt. Ihr Motiv sollen Drogenschulden gewesen sein.

Die drei Angeklagten hatten die Tat gestanden, sich aber gegenseitig belastet, was die jeweilige Rolle betrifft. Nach Überzeugung der 2. Großen Strafkammer spielte sich der Raub folgendermaßen ab: Am Abend des 3. November war Marcus B. bei Karl P., sie sahen sich ein Champions-League-Spiel an. Irgendwann ließ Marcus B. seine beiden Komplizen Gunnar H. (33) und Noah L. (30) ins Haus. Maskiert gingen sie ins Wohnzimmer und fesselten den Rentner mit Klebeband an seinen Rollstuhl.

Gunnar H. hielt ihm eine Waffe an den Kopf und sagte: "Ich bringe dich um." Dann schoss er dem Mann in den Oberschenkel. Die Ehefrau des 71-Jährigen und die beiden Hunde bekamen nichts mit. Sie schliefen im Obergeschoss des Hauses, die Waffe war außerdem schallgedämpft.

Während Marcus B. und Gunnar H. das Haus nach Geld durchsuchten, blieb Noah L. im Wohnzimmer und bedrohte den Schwerverletzten weiter mit der Waffe. Mit 18.000 Euro flüchteten die Täter schließlich. Sie hatten mit mindestens 100.000 Euro Beute gerechnet. Diese Summe soll auch tatsächlich im Haus gewesen sein. Doch Karl P. hatte das Geld in einem Safe verschlossen, der mit zwei Schlüsseln geöffnet werden musste. Einen Schlüssel hatte er, den zweiten seine Frau. Aus Angst vor den Hunden, die bissig gewesen sein sollen, gingen die Täter nicht nach oben ins Schlafzimmer.

Der Rentner wurde zwei Stunden nach der Tat von seiner Frau entdeckt, die den Rettungsdienst alarmierte. Seine Verletzung war lebensbedrohlich.

Während die Kammer Noah L. eine Mitläufer-Rolle zuschrieb — er bekam mit sechs Jahren die niedrigste Strafe — bezeichnete die Vorsitzende Richterin Gunnar H. als "Vollstrecker der Tat". Er hatte behauptet, der Schuss habe sich aus Versehen gelöst, mit Waffen hätte er noch nie etwas zu tun gehabt. Und Marcus B. hatte die Tat erst ermöglicht, weil er sicher sein konnte, dass Karl P. ihm vertraut.

"Es war dilettantisch von Ihnen, anzunehmen, dass nach der Tat kein Bezug zu Ihnen hergestellt werden kann", sagte die Vorsitzende zu Marcus B. Er hat wie Gunnar H. zwei kleine Kinder. Die Kammer verurteilte die beiden zu acht Jahren Haft. Sie müssen außerdem in Entziehungsanstalten, um ihre Kokainsucht in den Griff zu bekommen.

Die Staatsanwaltschaft hatte höhere Strafen gefordert: Für Noah L. acht Jahre, für die anderen beiden je zehn Jahre. Alle drei nahmen das Urteil äußerlich ruhig auf.

Das Opfer Karl P. hat den Prozess nicht mehr erlebt. Er starb im September vergangenen Jahres. Auch seine Ehefrau ist inzwischen tot.

(hsr)
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