Hückeswagen Flotte Lebensretter in ZivilRasenden Krad-Touristen auf der Spur

Hückeswagen · Polizist Olaf Nahrgang und zwei seiner Kollegen werden ab sofort auf einem neuen Dienstmotorrad Temposünder auf zwei Rädern verfolgen. Die technische Ausstattung ist genau auf die Situation im Bergischen zugeschnitten.

Eigentlich wollte Polizeiobermeister Olaf Nahrgang die Kontrolltechnik seines neuen Dienstmotorrades erst einmal langsam testen. Doch schon einer der ersten Raser auf zwei Rädern, den er auf der B 483 zwischen Radevormwald und Hückeswagen stellte, erschütterte den erfahrenen Beamten nachhaltig. „Der Mann ist auf der kurvenreichen Strecke zum Teil über 186 Stundenkilometer gefahren. Unglaublich“, sagt Olaf Nahrgang.

Stichhaltiger Beweis

Den Beweis hält der 39-jährige Beamte in Händen: die digitale Aufzeichnung der Raserei, gebrannt auf DVD. Gemacht hat er sie, als er mit dem Dienstmotorrad hinter dem Raser herfuhr. Gestern stellte Nahrgang gemeinsam mit Vertretern der Polizei und Landrat Hagen Jobi öffentlich das neue Polizeimotorrad vor, dank dessen technischer Ausstattung er diese Bilder der Raserei zwischen Rade und Hückeswagen hatte machen können.

„Bisher haben wir im Oberbergischen ausschließlich Radar und Laser genutzt, um Raser zu erwischen. Doch gerade auf unwegsamen Passagen sind sie sehr schwer einsetzbar“, erklärt Polizeidirektor Stephan Becker von der Bezirksregierung Köln. Deswegen habe sich die Polizei für den Kauf der 50 000 Euro teuren Maschine eingesetzt.

Neben Olaf Nahrgang werden noch dessen Bruder Stephan Nahrgang und Jochen Gerold das ProViDa-Motorrad fahren, das immer wieder neue Nummernschilder bekommt. So können sich chronische Temposünder das Fahrzeug nicht merken, das auch nicht in Polizeifarben lackiert ist. „Schließlich geht es darum, im Straßenverkehr unerkannt zu bleiben, damit jeder Raser so fährt, wie er es immer tut“, erklärt Becker.

Auch Olaf Nahrgang trug Zivil, als er den Temposünder zwischen Rade und Hückeswagen stellte, der zwischenzeitlich aus Übermut sein Vorderrad in die Luft zog. „Er ist mir in Rade am Kreisverkehr aufgefallen, auf den er von Hückeswagen aus auffuhr und zügig dorthin wieder einbog. Ganz klar, er hatte kein Ziel, wollte nur Kilometer abreißen“, sagt Nahrgang. Der Polizist nahm die Verfolgung auf. 20 Jahre fährt der 39-Jährige bereits Motorrad, hat eine zweiwöchige Zusatzausbildung mit Sicherheitstraining für die ProViDa-Maschine absolviert. Doch auf der B 483 stand für ihn fest: „Ich darf mich bei Verfolgung nicht selbst in Gefahr bringen und ließ mich etwas zurückfallen.“ Als der andere das Tempo senkte, überholte der Polizist und schaltete sein unter dem Sitz verstecktes Lichtzeichen „Polizei“ an.

Nahrgang: „Ich habe den Raser belehrt, wie unverantwortlich er handelt und die Digitalaufzeichnung abgespielt. Er gestand, Hunger nach Geschwindigkeit zu haben. Er hätte mit mir ein Rennen fahren wollen.“ Die Anzeige läuft.

Was jetzt neu ins Oberbergische kommt, hat woanders schon den Praxis-Test bestanden. Denn das ProViDa-Motorrad ist die zweite Maschine mit dieser technischen Ausstattung, die im Zuständigkeitsbereich des Polizeidirektors Stephan Becker von der Bezirksregierung Köln fährt.

Das erste Krad ist im Bereich Aachen-Düren-Euskirchen unterwegs. „Dort haben wir an 50 Tagen 400 Verstöße verzeichnet“, sagt Becker. Unter den Ertappten waren im Übrigen nicht nur Raser, sondern auch Fahrer, die den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hatten.

Der Polizeidirektor betont: „Wir wollen mit den ProViDa-Motorrädern Unfälle verhindern, indem wir notorische Raser erwischen, belehren oder ihnen die Fahrerlaubnis entziehen. Es geht nicht darum, mit den Geldstrafen die Kasse zu füllen.“

Die Maschine, die im Oberbergischen Kreis eingesetzt wird, soll auch in den Nachbarkreisen Siegburg und Rhein-Berg gefahren werden. „Die größte Notwendigkeit sehen wir aber im Kreis Oberberg, wo wir 2005 den traurigen Rekord von drei toten Motorradfahrern bei insgesamt 131 Krad-Unfällen mit Personenschaden verzeichnet haben “, sagt Polizeioberrat Lutz Becker von der Kreispolizeibehörde.

Das Gebiet sei vor allem am Wochenende Gefahrenzone. Lutz Becker: „Wir haben viele rasende Touristen, das macht unseren Kreis zum Brennpunkt.“ Wie schnell die BMW-Dienstmaschine maximal fahren kann, verrät die Polizei nicht. Olaf Nahrgang erklärt: „Sie ist jedenfalls ausreichend motorisiert, um während der Fahrt alle mit der Kamera erfassen zu können. Mehr Informationen sollen notorische Raser aber nicht kriegen.“ Doch eines wird immerhin verraten: Bald soll noch ein drittes Krad in den Bereich der Bezirksregierung Köln kommen. Wohin ngenau, bleibt abzuwarten.

(RP)
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