Hückeswagen Anders als früher — aber schön

Hückeswagen · Es kann der eigene Garten sein, die Kneipe "um die Ecke", die Bank in freier Natur: Jeder entscheidet selbst, wo er sich am besten entspannen kann. Die BM stellt die "Sommer-Oasen" der Hückeswagener vor. Heute: Ralph Vesper, den's an und auf die Wupper-Talsperre zieht.

"Es ist nicht mehr so wie früher": Nachdenklich aber nicht resigniert blickt Ralph Vesper auf die sanften und durch den Wind leicht gekräuselten Wellen der Wupper-Talsperre. Zuerst bleibt offen, was er mit diesem Satz meint.

Er steht an seinem Lieblingsplatz. Neben ihm liegt im Gras sein Kanu, über ihm ziehen Gewitterwolken auf. "Hier habe ich meine Ruhe und kann nachdenken. Nur selten verirrt sich ein Spaziergänger an diesen Platz", sagt Vesper.

Wie ein Dschungel-Marsch

Der Weg zu diesem ruhigen Ort an der Talsperre ist mühsam. Viele hundert Meter muss der 42-Jährige das Kanu mit einem selbstgebauten Handkarren ans Wasser schleppen. Bergab kein Problem — nur auf die Zecken im halbhohen Gras muss er achten. "Es ist, als ob man in den Dschungel geht", scherzt Vesper auf dem Weg zu seiner "Sommer-Oase". Der bekennende Kanada-Liebhaber kennt sich mit der Natur aus, und der Weg lohnt sich schließlich. Der Hückeswagener schiebt sein Kanu aufs Wasser. Unter dem Boot gleitet das Gras hinweg, das durch den hohen Pegelstand der Talsperre unter Wasser steht. Und dann paddelt er los.

Langsam gleitet das blaue Boot über die Talsperre. Die Gewitterwolken ziehen Richtung Kräwinklerbrücke ab, die Sonne kommt hervor. Die Strahlen brechen sich im Wasser, das nahe gelegene "Haus Hammerstein" erscheint plötzlich viel heller. Eine angenehme Ruhe herrscht auf dem Wasser, nur die am Bug brechenden Wellen sind zu hören.

Und dann erzählt der Postbeamte, wie es früher einmal war, als es die Talsperre noch nicht gab. "Das war unsere Gegend. Mit einem Freund bin ich als Kind hier durch die Wälder gestreift." In den 80er Jahren kamen dann die Männer vom Wupperverband mit den Motorsägen. "Das Tal wurde leer geräumt", erinnert sich Vesper. Irgendwann nach Fertigstellung der Staumauer in Krebsöge stiegen die Fluten. In ihnen verschwanden die Himmelswiese und die Wiebachmühle. Es sei ein Tal von unvergleichbarer Schönheit gewesen, erzählen diejenigen, die es noch gekannt haben. "Für mich war es ein Stück Kindheitserinnerung, das da verschwunden ist", sagt Vesper.

Das Tal früher und heute

Mittlerweile hat er sich mit der Talsperre arrangiert. Zusammen mit einem Freund hat er sogar eine eigene Internetseite erstellt. Darauf ist das Tal zu sehen wie es früher war und wie es heute ist. "Die Tiere hier interessieren mich besonders", sagt Vesper.

Und als ob sie es gehört hätten, steigen in diesem Moment zwei Kormorane in die Lüfte. Die leichten Paddelschläge müssen sie aufgeschreckt haben. "Es ist nicht mehr so wie früher, aber es ist sehr schön", sagt Ralph Vesper — und sein Blick wandert wieder über die Weite der Talsperre.

(RP)
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