Hückelhoven Dunkle Zeiten für einen Lehrer

Hückelhoven · Es geht um Schuld und Gewissen, Jugend und Schule in der Nazizeit. Der Literaturkursus brachte ernsten Stoff auf die Bühne.

 Christin Pey in der Lehrerrolle korrigiert einen Schüler im Unterricht, wodurch er Schwierigkeiten mit dem Direktor und den Eltern bekommt. Die Schüler hatten sich zuvor intensiv mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandergesetzt.

Christin Pey in der Lehrerrolle korrigiert einen Schüler im Unterricht, wodurch er Schwierigkeiten mit dem Direktor und den Eltern bekommt. Die Schüler hatten sich zuvor intensiv mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandergesetzt.

Foto: JÜRGEN LAASER

Eltern, die nie zu Hause sind. Lehrer, die sich erst spät zur Wahrheit bekennen. Oder das NS-Regime - wer ist schuld? Mit Ödön von Horváths bekanntem Antikriegsstück "Jugend ohne Gott" brachten die insgesamt 23 Akteure aus dem von Lehrerin Christine Wolff geleiteten Literaturkursus der Jahrgangsstufe 11 am Gymnasium ein zeitloses wie nachdenklich stimmendes Werk zur Aufführung.

Dabei zog sich die Schuldfrage wie ein roter Faden durch die gesamte Inszenierung an vier Abenden in der Hückelhovener Aula. Kursusleiterin Christine Wolff begrüßte die zahlreichen Theaterbesucher und erläuterte, dass die Schüler sich schon vorher mit der Zeit des Nationalsozialismus vertraut gemacht hätten. Die Nationalsozialisten hatten von Horváths kritisches Buch 1938 auf ihre "Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums" gesetzt.

Im Programmheft waren neben der Biografie des berühmten Autors auch Auszüge der Referate zu finden, mit denen sich die Jugendlichen auf ihre Rollen vorbereitet hatten. Dabei hatten sie unter anderem festgestellt, dass die Schule damals nicht mehr in erster Linie den Auftrag hatte, Bildung zu vermitteln und Heranwachsende zu mündigen, kritischen, selbstständigen Menschen zu erziehen, sondern sie zu willenlosen Anhängern des Nationalsozialismus zu machen - ohne eigene Meinung.

Fast eineinhalb Stunden lang erzählten die Literaturkursus-Teilnehmer die erdrückende Geschichte des Lehrers (gespielt von Christin Pey), der beim Korrigieren der Klassenarbeiten bemerkt, dass einer der Schüler sich sehr negativ und verallgemeinernd über Farbige äußert: "Alle Neger sind hinterhältig, feige und faul." Obwohl der Pädagoge damit überhaupt nicht einverstanden ist, nimmt er es hin, da diese Meinung auch in den Medien im Dritten Reich verbreitet wird.

Einige Tage später unternimmt die Klasse einen Ausflug in ein Zeltlager. Dabei wird der Schüler Otto Nix (Sara Fell) ermordet. Zunächst fällt der Verdacht auf seinen Mitschüler Adam Zobel (Philipp Görtz), der zuvor mit ihm in Streit geraten war. Es kommt zu einem Mordprozess. Dabei gesteht Eva (Celine Lange), während der Tat anwesend gewesen zu sein. Der Lehrer räumt ein, heimlich das Tagebuch des Toten gelesen zu haben und verliert seine Anstellung. Der Lehrer schöpft Verdacht gegen den Schüler Wilhelm Tengelmann, dessen wohlhabende Eltern ihn oft allein lassen. In die Enge getrieben, begeht der Junge schließlich Selbstmord.

Von Horváth lasse die Klärung der Schuldfrage dabei offen, erläuterte Christine Wolff, die die jungen Akteure bis zu dreimal pro Woche zu Proben versammelt hatte. Hinter den Kulissen hatten die Beteiligten mit einigen Rückschlägen zu kämpfen. So stand Schülerin Anna Werth auf Krücken auf der Aula-Bühne - sie hatte am Wochenende einen Motorradunfall. Eine schlimme Mandelentzündung diagnostizierte der Arzt bei Marie Gaßner. Doch beide zogen die Aufführung tapfer durch. "Die Schülerinnen haben zusammen mit ihren Eltern entschieden, dass sie trotzdem mitspielen wollen", verriet Christine Wolff. Und: "Ohne die beiden hätten wir schon Schwierigkeiten gehabt."

(cb)
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