Hilden Entscheid über Taschengeldbörse am Montag

Hilden · Mit einem städtischen Zuschuss von 3000 Euro im Jahr könnte das für viele Ältere wichtige Projekt 2014 starten.

 Gizem Aygar (15) hat für Ursula Osang eingekauft. "Hilfe beim Fensterputzen oder Gardinenaufhängen wäre schön", sagt die 79-Jährige: "Den Rest schaffe ich noch gut allein."

Gizem Aygar (15) hat für Ursula Osang eingekauft. "Hilfe beim Fensterputzen oder Gardinenaufhängen wäre schön", sagt die 79-Jährige: "Den Rest schaffe ich noch gut allein."

Foto: Staschik, Olaf (OLA)

Gute Ideen sind meist einfach. Die "Taschengeldbörse" ist eine gute Idee. Wenn Senioren möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben wollen und sollen, brauchen sie ab und zu Unterstützung im Alltag. Rasen mähen, Hecke schneiden, Glühbirne oben an der Decke auswechseln, Medikamente besorgen: In der Regel übernimmt solch kleine Aufgaben der Sohn, die Schwiegertochter, der Enkel. Doch immer häufiger lebt die Familie weit weg. Und Freunde und Bekannte, die einspringen könnten, werden auch immer älter.

Diese Versorgungslücke soll die "Taschengeldbörse" schließen, erläutert Gerd Wimmershoff, Vorsitzender des Seniorenbeirats: "Für ein Taschengeld ab fünf Euro die Stunde sollen junge Leute ab und zu kleine Aufgaben für Ältere übernehmen." Die Vertretung der Älteren in Hilden macht sich gemeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt und dem Jugendparlament für dieses Projekt stark. Heute Abend entscheidet der Sozialausschuss. Weil es kein Geld vom Land gibt, müsste die Stadt 3000 Euro als Starthilfe bereitstellen. Dann könnte es im nächsten Jahr losgehen. Die Verwaltung steht hinter dem Konzept und bittet die Politik um ein positives Votum. Über den Zuschuss könnte im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 2014 entschieden werden.

Viele Ältere warten schon sehnsüchtig auf den Start, berichtet Wimmershoff: "Ich werde ständig angesprochen, ob ich nicht jemanden kenne, der Unkraut jäten oder bei PC-Problemen helfen kann." Durch die Taschengeldbörse könnten alle Beteiligten nur gewinnen. Die Älteren erhielten Hilfe im Alltag, die Jungen könnten ihr Taschengeld aufbessern und beide hätten mehr Kontakt miteinander und mehr Verständnis füreinander.

Der Seniorenbeirat und der Jugendstadtrat in Solingen probieren die Taschengeldbörse bereits seit vier Jahren aus. Dort haben sich inzwischen mehr als 330 Senioren und knapp 280 Jugendliche angemeldet, berichtet Dirk Buchmüller, der die Taschengeldbörse ehrenamtlich mitbetreut. An dieser Konstruktion wäre die Börse fast gescheitert, berichtet Wimmershoff: "Die Solinger haben uns eindrücklich gewarnt. Macht unseren Fehler nicht noch einmal. Nur mit ehrenamtlichen Mitarbeitern funktioniert die Taschengeldbörse nicht."

Deshalb soll eine 400-Euro-Kraft die Koordination von Senioren und Jugendlichen übernehmen. Denn das Landesfamilienministerium hatte den Zuschussantrag der Awo Hilden abgelehnt (in Solingen finanzieren Stadt und Awo das Angebot). "Das war für uns eine große Enttäuschung", gibt Awo-Vorsitzender Günter Scheib zu. "Wir möchten die Taschengeldbörse trotzdem einführen und hoffen, dass die Stadt 3000 Euro als Anteil übernimmt." Die Arbeiterwohlfahrt will die Infrastruktur und ein EDV-Programm beisteuern.

Eine Konkurrenz zu gewerblichen Dienstleistern sei die Taschengeldbörse nicht, ist sich Wimmershoff sicher. Es gehe nur um kleine Hilfen im Alltag, die nicht ständig, sondern nur gelegentlich anfielen. "Die Taschengeldbörse ist lediglich die Instanz, die den ersten Kontakt herstellt", erläutert Marie Luise Barkhoff, Leiterin des Josef-Kremer-Hauses der Awo an der Schulstraße. Dort soll die Börse bei einem positiven Votum der Politik angesiedelt werden: "Alles weitere organisieren die Beteiligten selbst. Die Erfahrungen der Solinger zeigen, dass nachhaltige Bindungen entstehen und nachbarschaftliche Beziehungen wachsen." Die Mitglieder des Jugendparlaments sollen das Projekt unter den Heranwachsenden in Hilden bekanntmachen und Teilnehmer werben. "Wenn alles gutgeht, könnten wir bereits im Januar oder Februar starten", erläutert Awo-Vorstandsmitglied Detlef Recha den Fahrplan. Ein geeigneter Koordinator auf 400-Euro-Basis sei bereits gefunden. 48 Prozent aller Einwohner in Hilden sind heute bereits 50 Jahre und älter, weiß der Vorsitzende des Seniorenbeirats: "Wir Älteren werden immer mehr."

(RP)
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