Grevenbroich Grundschüler können oft nicht schwimmen

Grevenbroich · Die Zahlen sind alarmierend: Jeder sechste Grundschüler zwischen sieben und zehn Jahre kann nicht schwimmen. Das stellt die Lehrer vor Probleme. Sie müssen auffangen, was in der Vorschulzeit versäumt wurde. Das ist nicht so einfach.

 Nicht mehr die Regel: Diese Kinder lernen frühzeitig schwimmen - im Kursus des TV Jahn Kapellen im Hallenbad Neukirchen.

Nicht mehr die Regel: Diese Kinder lernen frühzeitig schwimmen - im Kursus des TV Jahn Kapellen im Hallenbad Neukirchen.

Foto: Lothar Berns

Die Zahlen überraschen Erika Voets nicht. Laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts kann jeder sechste Grundschüler zwischen sieben und zehn Jahre nicht schwimmen. "Das deckt sich mit dem, was wir beobachten", sagt Voets. Die Pädagogin leitet die Grundschule Erftaue sowie - kommissarisch - die Grundschule Am Welchenberg. "Das Problem wurzelt im Vorschulalter. Immer weniger Eltern gehen mit ihren Kindern schwimmen." Die Grundschulen müssen dies auffangen - und aus Nichtschwimmern im Idealfall gute Schwimmer machen. Doch so einfach ist das nicht.

Gerade deshalb sind die Zahlen alarmierend. Denn Schwimmunterricht an den Grundschulen gibt es häufig nur halbjährlich - und oft erst ab dem dritten Schuljahr. Ruth Hennen, Leiterin der Erich-Kästner-Grundschule in Elsen, betont daher, dass Eltern mehr im frühkindlichen Bereich tun sollten. "Auch deshalb, weil Wassergewöhnung gerade in dieser Phase wichtig für die Entwicklung des Kindes sein kann", erklärt sie. Man dürfe sich zudem nicht nur auf die Grundschulen verlassen. Schließlich reicht das bloße "Schwimmen-Können" an weiterführenden Schulen oft nicht aus, um dort den Anforderungen im Sportunterricht zu genügen.

Das deckt sich mit Feststellungen der "Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft" (DLRG). Demnach erreichte im vergangenen Jahr bundesweit lediglich die Hälfte der Schüler am Ende der vierten Klasse das Freischwimmer- oder Bronzeabzeichen. Ende der 1980er Jahre waren es mehr als 90 Prozent. Die DLRG sieht einen wesentlichen Grund in der zunehmenden Schließung von Lehrschwimmbecken.

In diesem Bereich soll in Zukunft auch in Grevenbroich gespart werden. Die Stadt hat in ihrem Sanierungsplan angekündigt, mit der Fertigstellung des neuen Schlossbades - geplant ist die Eröffnung für 2017 - zwei der zurzeit drei Lehrschwimmbecken zu schließen. Dabei handelt es sich um die Becken in Frimmersdorf und Neurath. Insgesamt sollen jährlich mehr als 170 000 Euro gespart werden. Zudem soll ab 2017 die jährliche Zuschuss-Zahlung von 25 000 Euro an den TV Jahn Kapellen, der das Hallenbad in Neukirchen betreibt, eingestellt werden. Wie es dann dort weitergeht, ist unklar.

Bei der Stadt sieht man jedoch keine Kapazitätsprobleme aufkommen. "Das neue Schlossbad ist ja so konzipiert, dass die Angebote für Schulen und Vereine aufrechterhalten werden können", sagt Stadtsprecher Andreas Sterken. Schwimmkurse werden in Grevenbroich unter anderem vom TV Jahn Kapellen, von der Wassersportabteilung des Turnklubs (TK) Grevenbroich sowie der DLRG angeboten.

TK-Vorsitzender Norbert Steffen erklärt, dass pro Jahr rund 200 Kinder in seinem Verein das Schwimmen lernen. "Die Kosten für die Kurse sind jedoch gestiegen, weil wir für die Dauer des Schlossbad-Baus an andere Schwimmstätten ausweichen und dort für die Nutzung mehr zahlen müssen." Statt zuletzt 59 Euro für zehn Trainingseinheiten beim TK müssen Eltern für ihre Kinder nun 75 Euro zahlen. Die Tendenz, dass Kinder häufig erst später in Schwimmkurse geschickt werden, hat Ute Köhler, Abteilungsleiterin beim TV Jahn Kapellen, festgestellt. "Im Vergleich zu früher kommen die Kinder zunehmend erst mit sieben oder acht Jahren. Das ist schon auffällig."

DLRG-Sprecher Dirk Korte verweist darauf, dass die Eltern ab 2017 mobiler sein müssen als heute. "Schließlich fallen dann einige der dezentral gelegenen Lehrschwimmbecken weg", sagt er.

(NGZ)
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