Erkelenz Aus dem Leben auf der Alm

Erkelenz · Nach dem Abitur am Cusanus-Gymnasium zog es Peter Eßer für einige Wochen auf eine Alm in den Schweizer Voralpen. Er lernte das Melken und Käse zu produzieren, und jetzt erlebte er den Almabtrieb mit.

Ein Erkelenzer auf der Alm
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Ein Erkelenzer auf der Alm

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"Aufstehen! Ihr müsst die Tiere versorgen." — Es ist ungefähr sechs Uhr morgens. Ich arbeite auf der Almhütte "Tissiniva" von Käser Jacques Ruffieux im Tal des Motélon im Kanton Fribourg der Schweiz. Im Bett ist es angenehm warm, draußen nicht. Die Hütte befindet sich auf 1600 Metern, da wurde es selbst im August schon kalt, besonders nachts.

Im Halbschlaf suche ich meine Arbeitskleidung zusammen, und der Tag beginnt: Ziegen, Schweine und Kälber brauchen Wasser, Futter und Stroh. Die 56 Milchkühe waren die Nacht über auf der Weide und müssen zum Melken in den Stall getrieben werden. Beim Melken sind Konzentration und Fingerspitzengefühl gefordert. Keine Kuh ist wie die andere. So muss jedes Mal aufs Neue der richtige Zeitpunkt zum Anlegen der Melkmaschine abgepasst werden, damit sie das Maximum an Milch geben. Den Tag über bleiben die Tiere im Stall, abends werden sie noch mal gemolken und wieder auf die Weide gelassen. Dazwischen gibt es viel zu tun.

"Es gibt niemals nichts zu tun"

Es muss ausgemistet und Holz gehackt, die Weidenflächen abgesteckt werden — bei jedem Wetter. "Es gibt niemals nichts zu tun", sagt mir Antoine, der elfjährige Sohn des Käsers. Er und sein Bruder sowie ein Cousin und ein Freund der Familie verbringen seit langem ihre Sommerferien auf der Alm. Sie kennen die Berge in- und auswendig und jede Kuh mit Namen. Der ältere der Brüder hat dieses Jahr die Schule beendet und wird eine Ausbildung zum Landwirt beginnen. Er ist mit mir und Jacques bis zum Almabtrieb am 25. September hier oben geblieben. Für den Rest war mit Schulbeginn die Zeit auf der Alm vorbei. "Mit dem Ende der Ferien beginnen endlich meine Ferien", sagt Jacques Frau Anne lachend.

Luxuriös ist das Leben auf der Alm wahrlich nicht: Strom gibt es nur vom Generator, der nur tagsüber einige Stunden an ist, eine Telefonleitung besteht, jedoch kein Internetanschluss. Alles aus Stoff riecht innerhalb kurzer Zeit nach Kuh. Seit 25 Jahren produziert Jacques Ruffieux hier im Sommer seinen schon oftmals ausgezeichnet Gruyère d'Alpage. Wie vor hundert Jahren erhitzt er die Milch über dem Feuer und filtert mit netzartigen Sieben zum richtigen Zeitpunkt den fest gewordenen Teil heraus. Nachdem er den Käse in die passenden Formen gepresst hat, lagert er ihn im Salzkeller ein. Die archaische Produktionsweise und die Alpmilch der Kühe, die nur das Gras hochgelegener Weiden fressen, machen das besondere Aroma aus. Der Qualität des Käses liegen Jahrzehnte lange Erfahrung und Stunden mühevoller Arbeit zugrunde.

Jacques ist immer gut gelaunt. "Ich kann mir keinen schöneren Beruf vorstellen", sagt er. Trotz der harten Arbeit jeden Tag macht es auch mir Spaß. In dieser eigenen kleinen Welt — so scheint es mir manchmal — habe ich schnell gelernt, mich an den kleinen Dingen zu erfreuen: ein junges Murmeltier, das schnell in seinem Bau verschwindet, ein Sonnenuntergang, der die umliegenden Berghänge rot färbt, oder ein Stück leckeren Käses zu einer einfachen Mahlzeit.

Die Milchkühe verbringen nur den Sommer auf der Alm. Ende September werden sie ins Dorf getrieben. Der traditionelle Almabtrieb ist auch in diesem Jahr wieder ein großes Volksfest gewesen.

(RP)
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