Rees Auf Spurensuche nach dem jüdischen Alltag

Rees · Eine Wanderausstellung über Gegenwart und Vergangenheit jüdischen Lebens im Rheinland und Westfalen kommt am 27. Januar nach Rees. Ergänzt wird sie um das Leben der jüdischen Familie Plaat aus Haldern.

Rees: Auf Spurensuche nach dem jüdischen Alltag
Foto: Michael Scholten

66 Bürger jüdischen Glaubens lebten 1933 im heutigen Stadtgebiet von Rees. Knapp die Hälfte von ihnen hat den Holocaust überlebt. Entweder waren sie rechtzeitig ins Ausland geflohen, hatten die Zeit im Konzentrationslager überlebt und konnten nach Kriegsende befreit werden oder aber couragierte Zeitgenossen hatten sie unter Todesgefahr versteckt gehalten.

Einige der Überlebenden suchten Jahre später die Rheinstadt auf. "So etwa zwischen zwölf und 18 der Personen, rechnet man deren Nachfahren mit", überschlägt Bernd Schäfer deren Zahl. Schäfer, Grundschullehrer von Beruf und wichtigster Forscher jüdischen Lebens und jüdischer Geschichte in Rees, stellt derzeit eine Ausstellung zum Holocaust-Gedenktag zusammen. Titel der Ausstellung: "Menschen - Steine - Migrationen. Gegenwart und Vergangenheit jüdischen Lebens im Rheinland und Westfalen am Beispiel der Familie Plaat."

 Links: Else und Erich Plaat aus Haldern um das Jahr 1960. Rechts: Bernd Schäfer hat die Wanderausstellung ergänzt.

Links: Else und Erich Plaat aus Haldern um das Jahr 1960. Rechts: Bernd Schäfer hat die Wanderausstellung ergänzt.

Foto: Roos RP-Archiv: ms

"Familie Plaat aus Haldern wird im Mittelpunkt der Dokumente und meiner Ausführungen stehen", so Bernd Schäfer. Es gehe aber auch um die Reeser Familie Sander und um Leni Ellbaum, die im September vergangenen Jahres knapp 93-jährig in Natanja (Israel) verstorben sei.

Die neue Reeser Kulturamtsleiterin Sigrid Mölleken hatte Schäfer gefragt, ob er eine Ausstellung zum Gedenktag konzipieren könne. Seinem "Ja" folgte ein Anruf beim Leiter des Jüdisches Museum Westfalen in Dorsten, Historiker Thomas Ridder. Ridder hat nämlich bereits eine gleichlautende Wanderausstellung erarbeitet, eine Spurensuche jüdischen Lebens, die Eindrücke von 110 Jahren jüdischen Alltags im Rheinland und Westfalen widerspiegelt. Ein wesentlicher Teil bezieht sich auf die Veränderungen des jüdischen Lebens nach der Machtergreifung Hitlers - abzulesen an den Veränderungen jüdischen Leben in der Öffentlichkeit und in den Medien.

Die Dorstener Wanderausstellung umfasst 24 Schautafeln. "Wir werden - aufgrund des beschränkten Platzes - im VHS-Bereich des Reeser Rathauses aber nur etwa die Hälfte zeigen können. Schäfer wird diese Tafeln mit Dokumenten und Bildern mit weiteren Fotografien jüdischen Lebens aus Rees, mit historischen Zeitungsausschnitten und anderen Originalen ergänzen.

Die Familie Plaat, die in Haldern daheim war, spielt dabei eine zentrale Rolle. Ursprünglich stammte sie aus Hamminkeln-Brünen und wohnte im Hölscherhaus. Warum das Ehepaar Moses Plaat und Sara Plaat, geb. Wertheim, später nach Haldern übersiedelte, ist nicht bekannt. Nachverfolgen lässt sich nur, dass ihr Umzug zwischen 1855 und 1861 stattgefunden haben muss.

Aus der Ehe der Kaufmannsfamilie gingen acht Kinder hervor, als fünftes Kind wurde am 26. März 1845 Joseph Plaat geboren. Auch er wurde Kaufmann. Die Familie war im Viehhandel tätig und betrieb zudem am Markt in Haldern eine Metzgerei. Joseph Plaat war der Vater von Erich Plaat, jenem Mann, der das Konzentrationslager in Auschwitz überlebte und als einziger Jude nach dem Krieg nach Rees zurückkehrte. Er lebte in Haldern bis zu seinem Tod am 1. Februar 1979, war damit der letzte in Rees lebende jüdische Mitbürger. Auf dem Friedhof an der Weseler Straße fand er seine letzte Ruhe.

Die Ausstellung "Menschen - Steine - Migrationen" wird anlässlich des Holocaust-Gedenktages, am Freitag, 27. Januar, um 17 Uhr im VHS-Bereich des Reeser Rathauses eröffnet.

(rau)
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