Dormagen Hoffmann greift Minister wegen Raphaelshaus an

Dormagen · Jugendhilfezentrum akzeptiert Grund der fristlosen Kündigung des Modellprojektes nicht: Fehlverhalten eines Einzelnen kein Maßstab.

 In den zuletzt leerstehenden Anbau des Raphaelshauses wird jetzt eine zusätzliche Jugendhilfegruppe einziehen.

In den zuletzt leerstehenden Anbau des Raphaelshauses wird jetzt eine zusätzliche Jugendhilfegruppe einziehen.

Foto: L. Hammer

Das Raphaelshaus hat die fristlose Kündigung des Modellprojektes "Jugendstrafvollzug in freien Formen" durch das NRW-Justizministerium nicht akzeptiert. "Wir halten die Argumentation nicht für rechtens, das Modellverfahren aufgrund des Fehlverhaltens eines Einzelnen fristlos zu beenden", erklärte Hans Scholten, Direktor des Jugendhilfezentrums. Anfang Februar hatte das Ministerium das auf drei Jahre angelegte Projekt nach der Hälfte der Zeit gestoppt, nachdem ein Sozialpädagoge drei der fünf jugendlichen Straftäter einen Bordellbesuch ermöglicht und ihnen weitere Vergünstigungen gewährt hatte, was er durch falsche Dokumentation vertuschen wollte (die NGZ berichtete). Er hat gekündigt, womit er der Kündigung des Raphaelshauses zuvorkam.

Hoffnung, dass das Modellprojekt im Raphaelshaus fortgesetzt wird, hat Hans Scholten keine, er will aber nicht, dass sein Haus als "Buhmann" abgestempelt wird. "Das wäre genauso, als würde bei jedem Fehlverhalten eines Justizvollzugsbeamten gleich das ganze Gefängnis in Frage gestellt", so Scholten.

Unterstützung erhält das Raphaelshaus durch Bürgermeister Peter-Olaf Hoffmann, der NRW-Justizminister Thomas Kutschaty mit der Bitte um Überprüfung geschrieben hat: "Offensichtlich hat ihr Haus auf einer Tatsachenbasis entschieden, die nicht der Wirklichkeit entspricht." Das Fehlverhalten eines Einzelnen könne kein Maßstab für das ganze Projekt sein, daher sei die fristlose Kündigung "unverhältnismäßig". Als "verleumderisch" bezeichnet er die Aussage aus dem Justizministerium, das Modellprojekt sei "über einen längeren Zeitraum zum Teil fernab von jeglichen Absprachen und jeglichem pädagogischen Konzept praktiziert" worden. Die Heimaufsicht, der Landschaftsverband Rheinland, habe "kein fachliches Versäumnis oder fehlerhaftes Verhalten der Einrichtung festgestellt", zitiert Hoffmann, der dem Ministerium vorwirft, sich nicht fachlich leiten zu lassen. Hoffmann sieht den "politischen Willen, sich dieses Projektes auf unqualifizierte Art und Weise zu entledigen".

Direktor Scholten ist sich sicher: "Dieses Projekt im Raphaelshaus ist gestorben, aber wir können mit unseren Erfahrungen dafür sorgen, dass das wichtige Projekt an anderer Stelle besser umgesetzt wird." Er nennt als Beispiele die Struktur der Nachtbetreuung und eine bessere Einbindung des Landesjugendamtes. Ihm schwebt ein Güte- und Vermittlungstermin mit den Beteiligten vor: "Ich möchte mit unseren Kooperationspartnern nicht im Streit auseinander gehen, sondern uns mit Respekt verabschieden."

Inzwischen ist im Raphaelshaus wieder Alltag eingekehrt. Der jetzt knapp zwei Monate leerstehende Anbau, in dem die jugendlichen Straftäter untergebracht waren, wird bald wieder genutzt. Dann ohne die Sicherheitsvorkehrungen: "Dort zieht bald eine zusätzliche Jugendhilfegruppe ein", erklärt Scholten. So war es für die Zeit nach dem Drei-Jahres-Projekt angedacht, nur dass es nun mehr als ein Jahr früher geschieht. "Ich bin sehr froh, dass unsere sechs Mitarbeiter weiter für uns tätig sind", sagt Scholten. "Es war eine Selbstverständlichkeit für uns, den Druck nicht an unsere Mitarbeiter weiterzugeben."

(NGZ)
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