Leverkusen Kleine Metzgereien in Leverkusen sterben aus

Leverkusen · Heinz Bormacher ist seit 56 Jahren Metzgermeister. Ende Juni ist Schluss – dann wird der 78-Jährige das Familienunternehmen, das in diesem Jahr seit 130 Jahren existiert, schweren Herzens schließen. "Aus Altersgründen und weil ich keinen Nachfolger gefunden habe", begründet der Fleischermeister. Seine drei Töchter und die beiden Söhne wollten das Geschäft nicht übernehmen. "Die haben andere Interessen", sagt Bormacher, der oft 15 Stunden täglich arbeitet, nicht selten von zwei Uhr morgens an: "Das ist vielen zu hart."

 Heinz Bormacher gibt Ende Juni sein Familienunternehmen an der Hitdorfer Ringstraße schweren Herzens auf.

Heinz Bormacher gibt Ende Juni sein Familienunternehmen an der Hitdorfer Ringstraße schweren Herzens auf.

Foto: Uwe Miserius (Archiv)

Heinz Bormacher ist seit 56 Jahren Metzgermeister. Ende Juni ist Schluss — dann wird der 78-Jährige das Familienunternehmen, das in diesem Jahr seit 130 Jahren existiert, schweren Herzens schließen. "Aus Altersgründen und weil ich keinen Nachfolger gefunden habe", begründet der Fleischermeister. Seine drei Töchter und die beiden Söhne wollten das Geschäft nicht übernehmen. "Die haben andere Interessen", sagt Bormacher, der oft 15 Stunden täglich arbeitet, nicht selten von zwei Uhr morgens an: "Das ist vielen zu hart."

Fünf Jahre lang hat Bormacher intensiv nach einem Nachfolger für seine Metzgerei gesucht — vergeblich. "Es gab einen Metzger aus Berlin, der sich für mein Geschäft interessiert hat", erzählt Bormacher. "Leider hatte der kaum Eigenkapital. Die jungen Leute haben einfach nicht den Mut, sich selbstständig zu machen, keine Sicherheit im Rücken."

Metzger Bormacher ist kein Einzelfall. Immer mehr kleinere Betriebe geben auf. In Leverkusen haben in den vergangenen zehn Jahren mindestens zehn kleine und mittlere Fleischereien geschlossen, sagt der ehemalige Kreishandwerksmeister Bert Emundts. Er bezeichnet das Sterben der kleinen Metzgereien als Katastrophe. "Es tut mir leid um jeden einzelnen Betrieb", betont der 66-Jährige. Der Grund für das Ende zum Teil jahrzehntealter Traditionsbetriebe sei nicht nur die harte Konkurrenz durch Supermarktketten, die Wurst und Fleisch zu günstigeren Preisen anböten. Vor allem plage die Branche ein Nachwuchsproblem. "Azubis suchen Lehrstellen, aber es gibt keine Betriebe mehr." Betriebe, die einmal weg seien, kämen nicht wieder, betont Emundts. "Ich mache mir Sorgen um die Nahversorgung der Bevölkerung." Es gebe zunehmend Industrieware. Und der Pferdefleischskandal sei sicher nicht der letzte Fleischskandal, der die Branche plage.

Das Sterben der Metzgereien in Leverkusen habe mit der Euro-Umstellung begonnen. "Die Metzger waren gezwungen, ihre Waagen von D-Mark auf Euro umzustellen", berichtet Emundts. Das hätten viele Betriebe nicht schultern können — die Kosten liegen im fünfstelligen Bereich. Hinzu kämen immer strengere Auflagen der Behörden, die teilweise nicht nachvollziehbar seien. Mit dem Sterben der Metzgereien gehe ein "Verlust der Lebensqualität" einher. "Wer billig kauft, muss sich immer auch die Frage stellen, wie billig gemacht wird", betont Emundts, der 2009 mit dem Unternehmerpreis der Stadt Leverkusen ausgezeichnet wurde.

Leicht haben es kleine Metzgereien nicht, sagt Fleischermeister Robert Rosenstock, der seinen Betrieb bereits seit 19 Jahren an der Opladener Birkenbergstraße betreibt. Die rosigen Zeiten, in denen es allein in Opladen 20 Metzgereien gegeben habe, seien längst vorbei. "Die, die zumachen, haben nicht wegen Reichtums geschlossen", betont der 48-Jährige. Reich werde man als Fleischer nicht. Das sei aber nicht der Hauptgrund der Misere. Denn auch Fleischer mit gut laufenden Betrieben hätten Probleme, Nachfolger zu finden.

"Das Risiko will einfach keiner mehr eingehen", sagt der 48-Jährige, dessen Metzgerei zu den 400 besten in ganz Deutschland gehört. Sie wurde 2010 in einer separat angehefteten Broschüre der Zeitschrift "Der Feinschmecker" für "vorzügliche Metzgerqualität" ausgezeichnet. Eine der aufgelisteten Spezialitäten: Rosenstocks Erbsensuppe. Allein um die Auflagen zu erfüllen, müsse man als Fleischermeister jedes Jahr mehrere Tausend Euro in seinen Betrieb investieren.

Heinz Bormacher will sich im Juni mit einem großen Fest von seinen Kunden verabschieden. Im Oktober soll dann in Bormachers Metzgerei ein Fahrradgeschäft eröffnet werden. "Ich gehe mit einem weinenden Auge", sagt der Fleischermeister, dessen Großvater die Metzgerei damals in Monheim eröffnet hatte. Aber das sei der Lauf der Zeit: "Mit 78 wird es Zeit, sich in den Ruhestand zu verabschieden."

(RP/jco)
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