Streit mit NRW-Schulministerium Inklusion: Kommunen drohen mit Klage

Düsseldorf · Der Streit zwischen Kommunen und NRW-Schulministerium über die Finanzierung des gemeinsamen Unterrichts von behinderten und nichtbehinderten Kindern geht weiter. Prognosen der kommunalen Spitzenverbände, die bis zum Jahr 2020 von dreistelligen Millionenkosten für Städte und Gemeinden ausgehen, wies Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) am Donnerstag als unzutreffend zurück.

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Foto: dpa, Daniel Reinhardt

Die Kommunen drohen mit Klage, falls das Land sie auf den Folgekosten der schulischen Inklusion sitzenlasse. Löhrmann betonte: "Wir können den Kommunen keinen Blankoscheck ausstellen." Die FDP-Opposition warf dem Ministerium zugleich vor, Lehrern keine offene Kritik zum inklusiven Unterricht zu erlauben.

Die rot-grüne Landesregierung will ab dem Schuljahr 2014/15 schrittweise einen Rechtsanspruch behinderter Kinder auf Unterricht in einer Regelschule verankern. Das Gesetz dazu soll trotz massiver Kritik - auch in Fachkreisen - noch in diesem Monat im Landtag verabschiedet werden.

Der Ministerin zufolge löst das geplante Inklusionsgesetz keine neuen Aufgaben für die Kommunen als Schulträger aus - und damit auch keine Mehrbelastungen, die das Land ihnen erstatten müsse. Der gemeinsame Unterricht ergebe sich nicht erst aus dem Gesetz, sondern habe schon vor 30 Jahren begonnen und sei rechtlich längst verankert.

Als Kompromiss sei aber denkbar, ins neue Gesetz ausdrücklich hineinzuschreiben, dass - im Rahmen einer ohnehin geplanten wissenschaftlichen Auswertung Ende 2018 - die kommunalen Spitzenverbände sich dort auch zu den Folgekosten äußern könnten. Die Kommunen hätten damit die Möglichkeit zu belegen, ob und welche Kosten ihnen durch das Inklusionsgesetz entstanden seien, um eine Erstattung durch das Land zu erwirken.

FDP: Lehrer bekommen Maulkorb

FDP-Fraktionschef Christian Lindner warf dem Ministerium vor, dass Lehrer, die sich öffentlich kritisch zu dem Gesetzentwurf äußerten, von Vorgesetzten einbestellt würden. Einen "Maulkorb" gegen kritische Äußerungen gebe es nicht, sagte dagegen eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage. Lindner solle konkrete Fälle benennen. Der forderte Rot-Grün auf, den Entwurf zurückzuziehen. Auf die Kommunen kämen Mehrkosten in Millionenhöhe zu. Die Regierung müsse mit den kommunalen Spitzenverbänden über eine finanzielle Beteiligung reden.

Laut einer repräsentativen Befragung im Auftrag der FDP sind die meisten Bürger in NRW - 42 Prozent - für eine schrittweise Umsetzung des gemeinsamen Unterrichts, 13 Prozent wollen das möglichst schnell. Ein Drittel will getrennten Unterricht. Das Vorhaben eigne sich nicht für Schnellschüsse, meinte Lindner. Das Schulministerium sah sich durch die Ergebnisse auf seinem Weg bestätigt.

Die CDU-Fraktion kritisierte eine "rot-grüne Basta-Politik auf dem Rücken der Kinder, Eltern und Lehrer". Die Landesregierung müsse ihrer finanziellen Verantwortung nachkommen und zudem verlässliche Qualitätsstandards ins Gesetz schreiben.

Löhrmann betonte, zur Unterstützung der Inklusion werde das Land in den kommenden Jahren 2650 zusätzliche Lehrerstellen finanzieren. Es könne nicht die Rede davon sein, dass die Kosten auf die Kommunen abgewälzt würden. In einem Gutachten der Kommunen seien auch Kosten enthalten, die tatsächlich aber weder dem Land noch den Kommunen zufallen: So seien etwa individuelle Hilfsmittel von der Krankenversicherung und Integrationshilfen für körperbehinderte Kinder von der Sozial- oder Jugendhilfe zu tragen. Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet und muss Inklusion daher auch in der Schule umsetzen.

(lnw)
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