Machtwechsel in NRW Hannelore Kraft will mit Rot-Grün regieren

Nordrhein-Westfalen steht vor einem Regierungswechsel. In den jüngsten Hochrechnungen zur Landtagswahl zeichnet sich eine Mehrheit für eine von der SPD-Chefin Hannelore Kraft geführte rot-grüne Koalition ab. SPD und CDU liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die stärkste Fraktion. Sicher ist: SPD-Chefin Hannelore Kraft darf bestimmen, wer in Zukunft in Düsseldorf regieren darf. Welche Koaltionen für die SPD möglich sind, ist noch offen. Die Wahlforscher sehen eine Entscheidung nicht vor 22 Uhr.

Landtagswahl 2010: Reaktionen
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Foto: APN

Nordrhein-Westfalen steht vor einem Regierungswechsel. In den jüngsten Hochrechnungen zur Landtagswahl zeichnet sich eine Mehrheit für eine von der SPD-Chefin Hannelore Kraft geführte rot-grüne Koalition ab. SPD und CDU liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die stärkste Fraktion. Sicher ist: SPD-Chefin Hannelore Kraft darf bestimmen, wer in Zukunft in Düsseldorf regieren darf. Welche Koaltionen für die SPD möglich sind, ist noch offen. Die Wahlforscher sehen eine Entscheidung nicht vor 22 Uhr.

Zweiter Gewinner der Wahl sind die Grünen, die mit mehr als zwölf Prozent das beste Ergebnis ihrer Geschichte in NRW holten. Die FDP stürzte auf etwa 6,5 Prozent ab. Die CDU verlor etwa zehn Prozentpunkte. Einen Wahlerfolg feierte auch die Linke, die erstmals in den Landtag einziehen konnte.

Die große Siegerin des Abends zeigte sich als Erstes ihrer Partei in der SPD-Zentrale an der Düsseldorfer Kavalleriestraße - Hannelore Kraft wurde um kurz nach 18 Uhr frenetisch mit Sprechchören gefeiert. Ihre Botschaft: "Schwarz-gelb ist abgewählt. Wir haben eine tolle Aufholjagd hingelegt. Die SPD ist wieder da." Die Spitzenkandidatin reklamiert für sich, sie habe binnen weniger Jahre die SPD aus ihrem Tief herausgeführt. Tatsächlich sagten bei einer WDR-Umfrage 70 Prozent der Befragten, die SPD habe zu ihren Wurzeln zurück gefunden."Die Partei hat an mich geglaubt und ich habe an die Partei geglaubt", erklärt Kraft.

Die SPD-Spitzenkandidatin sagt im ersten TV-Interview, sie wolle als Erstes mit den Grünen sprechen. Deren Frontfrau Sylvia Löhrmann und Kraft telefonierten bereits kurz nach 18 Uhr miteinander. Zudem rief die SPD-Chefin die Unterbezirke der Partei an. Hannelore Kraft gibt sich sehr selbstbewusst: "Es ist klar, die SPD wird dieses Land regieren." Aus den Hochrechnungen geht nicht eindeutig hervor, ob es für Rot-Grün reichen wird - ein langer Wahlabend steht bevor, aber der Trend arbeitet für das neue Regierungsbündnis.

Deshalb kann Hannelore Kraft Fragen nach einer anderen Koalition gelassen abblocken. Ob sie nun doch mit der Linken koalieren wolle, oder es vielleicht doch eine große Koaltion wird. "Mein Wunsch ist Rot-Grün und nun warten wir erst einmal ab. Ich nutze die Zeit zum Daumendrücken", sagt sie. In den TV-Interviews wirkt das mutmaßliche neue Führungsduo schon sehr harmonisch. Sylvia Löhrmann nickt, wenn Hannelore Kraft spricht und umgekehrt.

Weniger hundert Meter entfernt, in der CDU-Zentrale an der Wasserstraße, ist die Stimmung gedrückt. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ließ sich mehr Zeit. Auch er sprach erst zu seiner Partei. "Das ist für mich ganz persönlich ein bitterer Abend. Vor allem weil wir gute Arbeit für Nordrhein-Westfalen gemacht haben", sagte er. Ohne Umschweife kommt er sofort auf seine persönliche Verantwortung zu sprechen.

Er sei vom CDU-Vorstand gebeten worden, in den nächsten Tagen die dafür notwendigen Gespräche zu führen. Dem wolle er nachkommen, "weil ich zutiefst überzeugt bin, dass es richtig und wichtig ist, dass Nordrhein-Westfalen weiter stabil regiert wird und das kann nicht zusammen mit extremistischen Parteien passieren". Angesichts des Kopf-an-Kopf-Rennens mit der SPD um den ersten Platz fügte er hinzu, zunächst müsse abgewartet werden, "wer dann am Ende die Nase vorne hat".

Zur Personaldebatte sagt derNoch-Minister: "Rüttgers ist Landesvorsitzender der CDU. Wir könnenjetzt keine Führungsdebatte gebrauchen." Das unterstützt FraktionschefHelmut Stahl: "Die CDU inNordrhein-Westfalen ist voll funktionsfähig", erklärte er. Das klingt wie die Unterstützung eines schwächelnden Bundesliga-Trainers. Beobachter vor Ort hatten berichtet, die CDU-Basis diskutiere durchaus über einen Rücktritt Rüttgers'. Am Abend wird klar: Rüttgers hat seinen Rücktritt direkt nach dem Bekanntwerden des Ergebnisses angeboten.

Nach der ersten Stellungnahme gab sich der Ministerpräsident wortkarg. Er verließ den Landtag bereits vor acht Uhr und verzichtete auf weitere Interviews. Rüttgers ließ sich in der WDR-Runde der Spitzenkandidaten durch Armin Laschet vertreten.

In Düsseldorf rund um den Landtag feiert derweil Rot-Grün. Beobachter sprechen von einer Fanmeile, die sich zwischen der SPD-Zentrale an der Kasernenstraße und dem Grünen-Quartier im Museum "Kunst im Tunnel" am Rhein entwickelt habe.

Die Grünen kommen dort aus dem Feiern nicht heraus. Sylvia Löhrmann war am Abend die Schnellste. Schon um 18.04 Uhr jubelte sie: "Schwarz-Gelb ist abgewählt". Zu dem Zeitpunkt stand noch nicht fest, ob Rot-Grün die Mehrheit für eine Regierung hat.

Beim Wahlverlierer FDP scheute Partei-Chef Guido Westerwelle den Gang vor die Kamera nicht. "Das ist ein Warnschuss für die Regierungsparteien. Der ist gehört worden", sagte er. "Wir müssen uns anstrengen und das verloren gegangene Vertrauen zurück gewinnen. Das ist unsere Aufgabe", sagt Westerwelle - mit dem meint er wohl auch die Berliner Koalition.

Der letzte Blick eines denkwürdigen Wahlabends zu den Linken: Die haben sich als Wahlzentrale wohl auch symbolisch die Jugendherberge ausgesucht. Dort herrscht verhaltene Freude über den Einzug in das Parlament. "Unser Ziel ist erreicht", sagte Zimmermann nach den ersten Hochrechnungen zurLandtagswahl. Das Ergebnis zeige, dass die Menschen in NRW eine"andere Politik" wollten.

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