Suche nach EHEC-Quelle Neue Spur führt nach Holland

Düsseldorf (RPO). Seit dem Auftreten der ersten EHEC-Infektionen rätseln Forscher, Politik und Öffentlichkeit, wo der Erreger herkommt. Während die Zahl der Infizierten stetig ansteigt, führt eine neue Spur in die Niederlande. Noch ist der Ursprung der gefährlichen Keime aber vollkommen offen - am Ende werden wir es vielleicht nie erfahren.

Wie schütze ich mich vor EHEC-Erregern?
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Foto: dapd

Immer mehr Menschen infizieren sich mit EHEC. "Von gestern auf heute sind etwa 60 neue HUS-Fälle, also schwere Verläufe dieser EHEC-Infektion, dazugekommen", sagte Reinhard Burger, Direktor des Robert Koch-Instituts (RKI), am Freitag in der "ARD".

Die Bundesregierung auch am Freitamittag keine Entwarnung. "Noch kann über die Ursache und den Ort der Kontamination nur spekuliert werden", sagte der Sprecher des Verbraucherschutzministeriums, Holger Eichele. So bleibe unklar, ob die Erreger bereits in Spanien, auf dem Transportweg oder am Zielort in Deutschland auf die Gurken gelangt seien. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums warnte, es müsse davon ausgegangen werden, "dass die Infektionsquelle noch aktiv sein könnte".

Inzwischen sind erste Infektionen aus dem Ausland bekannt, die den Druck auf die hiesigen Experten weiter erhöhen. Es gibt derzeit mehrere Theorien, wie der Erreger in die Nahrungsmittelkette gelangt sein könnte:

Die Gülle-Theorie: Rinder, Schafe und Ziegen sind Träger des EHEC-Erregers. Bei ihnen bricht die Krankheit nicht aus. Veterinärmediziner halten es für möglich, dass die Übertragung des Bakteriums über die Ausbringung von Rindergülle als Dünger erfolgt sein könnte.

Bauernverbände argumentieren hingegen, dass bereits bestellte Felder nicht gedüngt werden dürfen. In Gewächshäusern werde ohnehin nicht mit Gülle gearbeitet. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass Futteranbauflächen gedüngt und benachbarte Gemüsefelder dadurch kontaminiert wurden. Allerdings sind die Hersteller der kontaminiserten Gurken aus Spanien in unterschiedlichen Provinzen ansässig.

Die Spanien-Theorie: EHEC wurde am Donnerstag drei spanischen Gurken zugeordnet. Die andalusischen Behörden prüfen derzeit, woher die Verseuchung stamme und zu welchem Zeitpunkt sie sich zugetragen habe, sagte ein Sprecher der Behörde für Nahrungsmittelsicherheit am Freitag. Die verseuchten Gurken stammte von Unternehmen aus Málaga und Almería.

"Diese Art von Bakterien kann Gemüse am Ursprungsort befallen oder während des Verarbeitungsprozesses", sagte ein Behördensprecher. Da die kontaminierten Gurken aus zwei unterschiedlichen Betrieben kommen, ist die Quelle der Infektion wohl eher nicht in Spanien zu vermuten.

Gegen diese Theorie spricht auch, dass nach Angaben der EU-Kommission eine Ladung Gurken untersucht wird, die von den Niederlanden nach Deutschland transportiert wurde. Das Hamburger Hygiene-Institut hatte den EHEC-Keim auch auf einer vierten Gurke gefunden, deren Herkunft noch unbekannt ist.

Die Terror-Theorie: Alexander S. Kekulé, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, brachte am Mittwoch in einem Beitrag für den "Tagesspiegel" eine ganz andere Theorie ins Spiel. Solange man den Infektionsherd nicht gefunden habe, könne "der sehr unwahrscheinliche, aber theoretisch denkbare Worst Case nicht ausgeschlossen werden, dass die Bakterien absichtlich ausgebracht wurden". Das Robert-Koch-Institut hat ensprechende "Spekulationen" noch am gleichen Tag zurückgewiesen.

Die Transport-Theorie: Die mit dem EHEC-Erreger verseuchten Bio-Gurken aus Spanien sind nach Angaben des Herstellers Pepino Bio Frunet auf dem Weg nach Deutschland verunreinigt worden. Ein Manager des Unternehmens, Javier Lopez, sagte der "Bild"-Zeitung vom Freitag: "Die Gurken wurden mit einem Lkw abgeholt und kamen am 15. Mai in Hamburg an. Am 16. bekamen wir eine E-Mail unseres Kunden, der uns mitteilte, dass die Gurken während des Transports heruntergefallen wären. Er teilte uns mit, dass er sie trotzdem auf dem Hamburger Großmarkt verkaufen wolle."

Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) wies die Behauptungen zurück: "Dass die belasteten Gurken von einer einzigen Palette stammten, die durch ein Umkippen verseucht wurden, können wir aufgrund der Probenentnahme an unterschiedlichen Stellen ausschließen."

Tatsächlich erscheint die Variante einer Verseuchung auf dem Weg nach Deutschland oder gar hierzulande am plausibelsten. Unter Umständen werden wir die genauen Umstände aber nie erfahren. Die Behörde versuchen derzeit, alle möglichen Handelswege der untersuchten Gurken nachzuvollziehen, um Zusammenhänge zwischen den Erkrankungen herzustellen.

Ein Sprecher der Hamburger Gesundheitsbehörde räumte am Freitag allerdings ein, es werde vermutlich "nie richtig" geklärt werden können, wo die Gurken kontaminiert worden seien, auch weil es zum Teil viele Zwischenstationen für die Ware gebe. "Die Vertriebswege sind verschachtelt und verzweigt", sagte der Sprecher.

Mit Agenturmaterial.

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