Lebensmittelkennzeichnungen Cola mit Warnhinweis

Brüssel (RP). Wie viel Zucker und Kalorien stecken in Keksen, Kuchen, Cornflakes und Co.? Wer das wissen will, hat es nicht immer leicht. Oft sind die Informationen kaum lesbar in der Verpackungspfalz versteckt, von Werbung überdeckt oder gar nicht vorhanden. Das will Brüssel nun ändern.

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Foto: gms

Künftig sind genaue und gut leserliche Angaben zu Kalorien, Fett (plus gesättigte Fettsäuren), Kohlehydraten, Zucker und Salz EU-weit Pflicht. Sie müssen gut leserlich auf der Verpackungs-Vorderseite pro 100 Milliliter oder Gramm ausgewiesen sein.

Bei Joghurtbechern oder Schokoriegeln können die Mengen auch nach Portionsgröße angegeben werden. Außerdem muss dabeistehen, wie viel Prozent der empfohlenen Tagesdosis damit abgedeckt wird. In welcher Form Hersteller die Nährwertangaben auflisten, bleibt weitestgehend den EU-Staaten überlassen. Brüssel schreibt lediglich eine Mindestschriftgröße von drei Millimetern vor.

Für Allergiker soll es in Restaurants, Imbiss-Stuben oder Kantinen verpflichtende Warnhinweise geben. Bestandteile wie Nüsse, Milch, Fisch und Senf müssen für verpackte wie unverpackte Produkte klar ausgewiesen werden.

Kaugummis ausgenommen

Die Kennzeichnungspflicht gilt für alle verarbeiteten Lebensmittel. Frischprodukte wie Obst, Gemüse oder rohes Fleisch sind ausgenommen. Während auf der Verpackung von Wurst also Nährwertangaben stehen müssen, gilt dies für ein Kotelett nicht. Alle Verpackungen, die kleiner als zehn Quadratzentimeter sind, brauchen keine Kennzeichnung — etwa Kaugummis.

Auch Bier und Wein sind vorerst nicht betroffen. EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou drohte den Alkoholherstellern zwar mit einem ähnlichen Gesetz. Wegen des erbitterten Widerstands der Branche dürften die Pläne aber Kommissionskreisen zufolge erstmal in der Schublade bleiben. Alkoholische Mischgetränke wie Alkopops müssen hingegen EU-weit mit Informationen zu ihrem Nährwertgehalt versehen werden.

Kyprianou sieht den umstrittenen Kennzeichnungs-Vorschlag als Teil seines Kampfes gegen zunehmende Fettleibigkeit. In der EU leiden nach Schätzungen fast 22 Millionen Kinder unter teils erheblichem Übergewicht. Jedes Jahr kommen 400.000 hinzu. Den Verbrauchern solle ermöglicht werden, "sich für eine ausgewogene Ernährung zu entscheiden", so Kyprianou. Verbraucherschützer bemängeln jedoch, der Vorschlag gehe nicht weit genug. Sie wollen die Industrie zur Ampel-Kennzeichnung nach britischem Vorbild zwingen.

Übertriebene Vereinfachung

Dort zeigen die Farben Rot, Gelb und Grün an, ob ein Lebensmittel einen hohen, geringen oder mittleren Gehalt an Zucker, Fett und Salz hat. Die Reduzierung der Nährwertinformationen auf solche Symbole "könnte zu einer übertriebenen Vereinfachung führen", meinte der Gesundheitskommissar gestern. Als Beispiel nannte er Margarine. Diese wäre nach dem Ampelsystem immer als rot zu kennzeichnen - egal ob fettreduziert oder nicht. Das Ampelsystem darf von den Mitgliedsstaaten nun lediglich zusätzlich zu den verpflichtenden Nährwertangaben verwendet werden.

Der europäische Dachverband der Lebensmittel- und Getränkeindustrie (CIAA) nannte den Zeitpunkt des Vorschlags "unglücklich". Die Hersteller seien auf gutem Weg, eine freiwillige Kennzeichnung vorzunehmen. Vertreter der Lebensmittelwirtschaft und Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) hatten sich kürzlich em auf ein solches Modell geeinigt. Die Branche verpflichtete sich, innerhalb von drei Jahren 75 Prozent der Lebensmittel mit Angaben über Kalorien, Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz zu versehen.

Nun will Brüssel sie flächendeckend dazu zwingen. Allerdings müssen EU-Staaten und Parlament dem Vorschlag noch zustimmen. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) rief Seehofer gestern auf, sich im Rat für freiwillige EU-Regeln einzusetzen.

Nach Abschluss des Gesetzgebungsprozesses sollen die Lebensmittelhersteller nach den jetzigen Plänen drei Jahre Zeit zur Umsetzung der neuen Vorschriften erhalten, kleine Unternehmen mit weniger als zehn Angestellten fünf Jahre. Bisher sind Angaben zu Fett- oder Kaloriengehalt in Europa freiwillig. Nur wenn Hersteller mit bestimmten Eigenschaften werben, sind entsprechende Angaben verpflichtend. So müssen Joghurts, die als "fettarm" angepriesen werden, ihren Gehalt an Fett und Kalorien ausweisen.

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