Gewerkschaft: 12.000 Mediziner zu wenig Ärztemangel gefährdet Patienten

Berlin (RPO). Die Ärztegewerkschaft schlägt Alarm: Akuter Personalmangel an deutschen Kliniken wird aus Sicht der Ärztegewerkschaft Marburger Bund zunehmend zum Risiko für die Patienten. Bis zu 12.000 Arztstellen seien unbesetzt - mehr als doppelt so viel wie offiziell angegeben, hieß es.

Gesundheitsreport: darum gehen die Deutschen zum Arzt
Infos

Gesundheitsreport: darum gehen die Deutschen zum Arzt

Infos
Foto: AP

Das berichtete Gewerkschaftschef Rudolf Henke am Mittwoch aus einer Mitglieder-Umfrage und stellte einen Zusammenhang zu Ärztefehlern her: "Wenn sich weniger Menschen um einen kümmern, als eigentlich vorgesehen, dann ist das ein Problem."

Umfrage unter Ärzten

Der Marburger Bund hatte die Antworten von gut 12.000 Ärzten Krankenhausärzten ausgewertet. Nach Angaben der Teilnehmer sind im Durchschnitt pro Abteilung etwa 1,5 Arztstellen unbesetzt. Hochgerechnet mit 8.500 Krankenhausabteilung kommt man auf die 12.000 unbesetzten Stellen.

Offiziell beziffert das Deutsche Krankenhausinstitut die Zahl der offenen Stellen nur auf 5.500 bis 6.000, wie Henke sagte. "Wir haben den Ärztemangel numerisch unterschätzt."

"Wir haben eine Überlastungssituation"

Die vorhandenen Ärzte machen der Umfrage zufolge den Personalmangel zum Teil mit Überstunden wett. Durchschnittlich arbeiten die rund 140.000 Klinikärzte auf Vollzeitstellen nach Gewerkschaftsangaben etwa 55 Stunden pro Woche. Der Marburger Bund kommt nach Daten der Umfrage auf rund 120 Millionen Überstunden. "Wir haben eine Überlastungssituation", sagte Henke. Dies führe zu Arbeitsvermeidung - die Mediziner versuchten, "auch irgendwann mal Feierabend zu machen". Darunter wiederum litten die Patienten.

Die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler in Düsseldorf hatte zuletzt konstatiert, dass Ärztefehler häufig auf Diagnosemängel und nicht so sehr auf die Behandlung selbst zurück zu führen seien. Dies wiederum hänge damit zusammen, dass sich die Mediziner zu wenig Zeit für die Eingangsuntersuchung und Gespräche mit den Patienten nähmen. Dies brachte Henke in Zusammenhang mit dem Ärztemangel: Die "technische Annäherung" trete oft an die Stelle der persönlichen Auseinandersetzung.

Verschlimmert wird die Lage aus Sicht der Ärztegewerkschaft durch Papierkrieg, den die Ärzte als besonders störend empfänden: Täglich mehr als zwei Stunden bringen die Mediziner demnach nicht mit der Betreuung der Kranken, sondern am Schreibtisch zu. Hier sei dringend wirksame Entlastung gefordert.

Zusätzliche Milliarden gefordert

Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft mehr Geld für die rund 2.000 deutschen Kliniken. Hier auf Dauer sparen zu wollen, sei ein Trugschluss, sagte Henke mit Blick auf die jüngsten Sparauflagen von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). So würde es nach seiner Rechnung rund eine Milliarde Euro kosten, die 60 Millionen unbezahlten Überstunden von Ärzten zu vergüten. Würden die 12.000 freien Stellen besetzt, schlüge dies mit einem Betrag im "niedrigen einstelligen Milliardenbereich" zu Buche.

Insgesamt ist laut Umfrage die Zufriedenheit der Klinikärzte seit 2007 aber leicht gestiegen. Damals erklärten 53 Prozent der Befragten, sie spielten mit dem Gedanken, ihre Tätigkeit im Krankenhaus aufzugeben. Heute sind es nur noch 44 Prozent. Sehr wichtig sei den Medizinern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier böten 57 Prozent noch keine ausreichenden Möglichkeiten.

(apd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort