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Kein Kita-Platz, was nun? Tipps für berufstätige Eltern

Wiesbaden · Trotz des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige ab August dürften manche Eltern leer ausgehen. Wer wieder arbeiten will, muss improvisieren - und auf Verständnis vom Chef hoffen.

Kein Kita-Platz, was nun?: Tipps für berufstätige Eltern
Foto: dpa, Bernd Wüstneck

Viele Eltern dürften dem 1. August mit einer Mischung aus Hoffen und Bangen entgegensehen. Die gute Nachricht ist zwar, dass sie dann einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder unter drei Jahren haben. Die schlechte aber ist: In der Praxis werden einige womöglich dennoch leer ausgehen. Im März 2013 meldete das Statistische Bundesamt, dass 183 000 Plätze fehlen, um das politische Ziel zu erreichen, für jedes dritte Kleinkind unter drei Jahren ab August einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen. Die Zahl ist zwar im Vergleich zum Vorjahr um gut 37 000 gestiegen, sie reicht aber eben noch nicht. Das Bundesfamilienministerium geht allerdings davon aus, dass im Laufe des kommenden Kita-Jahres 2013/14 rund 813 000 Betreuungsplätze für ein- und zweijährige Kinder geschaffen werden - gut 30 000 Plätze mehr als veranschlagt.

Diese Möglichkeiten zur Betreuung werden teilweise erst im Verlauf des Kita-Jahres zur Verfügung stehen. Wer trotz rechtzeitiger Kita-Bewerbung ohne Platz dasteht, sollte nicht verzweifeln. Ein Interesse daran, schnell wieder in den Job zurückzukehren, haben schließlich nicht nur die Arbeitnehmer. Darauf weist Wulf-Christian Ehrich hin, stellvertretender Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Dortmund.

Frühzeitig das Gespräch suchen

Jedes Unternehmen stecke viel Geld in die Ausbildung guter Leute, erklärt Ehrich. Diese Mitarbeiter nach einigen Jahren im Unternehmen einfach gehen zu lassen, weil sie eine Familie gründen, wäre teuer und daher kaum sinnvoll. Er rät daher Müttern und Vätern ohne Betreuungsplatz, möglichst schnell das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Oft gebe es in den Unternehmen bereits Möglichkeiten, die Arbeitszeiten zu flexibilisieren, sei es über Home-Office oder Gleitzeiten. Dies müsse natürlich in den Betriebsablauf passen, betont Ehrich. Aber häufig lasse sich der Betrieb auf mehr ein, als Eltern zunächst denken.

Oft gibt es auch Mischlösungen. Tagesmutter Brigitte Trofenik beobachtet die Kreativität von Eltern beim Spagat zwischen Familie und Beruf schon seit Jahren. In ihrer Gruppe teilen sich mehrere Eltern zum Beispiel einen Platz. Auch das kann für junge Eltern eine Möglichkeit sein. Sie hat beobachtet, dass es vielen Firmen lieber ist, wenn Teilzeitkräfte zweieinhalb volle statt fünf halbe Tage arbeiten. Sie bietet deshalb Platz-Sharing für Teilzeitkräfte an. Ein Kind kommt vom Montag bis Mittwoch, das Kind der anderen Eltern von Donnerstag bis Freitag. Dabei habe es bei den Eltern nie Probleme mit der Abstimmung gegeben. Die Arbeitgeber seien wegen des Mangels an Betreuungsplätzen ebenfalls oft verständnisvoll.

Jugendamt hilft mit Tagesbetreuung

Für die Vermittlung eines passenden Tagesvaters oder einer Tagesmutter können sich Eltern an das Jugendamt ihrer Stadt wenden. Öffentlich unterstützte Tagespflege ist neben klassischen Kita-Plätzen die zweite Säule zur Erfüllung des Rechtsanspruchs ab August. Trotz des kommunalen Zuschusses für einen Platz bei einer qualifizierten Tagesmutter müssen sich Eltern dabei allerdings auf weitaus höhere Kosten als für einen Kita-Platz einstellen. Auch hier lohnt sich für Eltern ein Gespräch mit dem Chef, sagt Wulf-Christian Ehrich. Denn übernimmt er die Kinderbetreuungskosten, kann er zumindest für nicht-schulpflichtige Kinder das Geld steuerfrei auszahlen. So kommt er unter Umständen günstiger weg, als wenn er dem Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung gewährt.

Immer mehr Unternehmen engagieren sich mittlerweile sogar noch stärker im Bereich der familienfreundlichen Personalpolitik. So steigt die Zahl der Betriebskitas seit Jahren, laut den aktuellsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes lag sie im März 2012 bei 586. Die Evangelischen Kliniken Bonn beispielsweise haben seit 39 Jahren eine Kindertagesstätte. Sie hätten damit sehr gute Erfahrungen gesammelt, sagt die Leiterin Ulrich Mickley. Die Mitarbeiter hätten das Gefühl, der Arbeitgeber tut etwas für sie und ihre Kinder und sind in der Folge bereit, viel zurückzugeben.

Dass der Einsatz der Wirtschaft aus der Kitaplatz-Misere helfen kann, hat auch der Bund entdeckt und zwei große Förderprogramme aufgelegt. So können Unternehmen im Rahmen des Programms "Betriebliche Kinderbetreuung" eine Anschubfinanzierung für bis zu zwei Jahre beantragen, wenn sie zusätzliche betriebliche Kinderbetreuungsplätze einrichten. Dabei unterstützt das Bundesministerium für Familie jeden neu geschaffenen Ganztagsbetreuungsplatz mit 400 Euro im Monat. Bedingung ist, dass sich der Arbeitgeber selbst mit mindestens 250 Euro monatlich an den Betriebskosten beteiligt. Bei der Anfangsinvestition ist eine Kofinanzierung durch Länder und Kommunen möglich. Dafür stellt seit Februar die KfW-Kreditanstalt zinsgünstige Förderkredite zur Verfügung.

Ist das Arbeitgebern eine Nummer zu groß, können sie auch im kleineren Rahmen neue Plätze schaffen und von öffentlicher Förderung profitieren: Für die Festanstellung einer Tagesmutter oder eines Tagesvaters bietet das "Aktionsprogramm Kindertagespflege" staatliche Hilfen an. Welche Variante für den eigenen Betrieb die passendste ist, ermittelt online der Förderlotse anhand von Kriterien wie Alter der Belegschaft und Größe des Unternehmens. Danach fehlt es laut Ulrich Mickley nur an einem: Die Betriebe müssten sich überzeugen lassen, dass das investierte Geld nicht nur den Kindern nützt, sondern auch den Betrieben selbst. Da seien dann wieder die Eltern im Gespräch mit dem Chef gefragt.

(dpa)
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