Auf dem Weg zur Führungskraft

An der Hochschule Niederrhein gehört es zur Ausbildung der Master of Business Administration (MBA) dazu, dass künftige Manager reale Projekte aus der Praxis übernehmen. So erlernen sie wichtige Fähigkeiten für ihre künftige Führungsrolle.

Sich selbst führen können, bevor man andere führen kann – das ist für Stefan Scheidt, Unternehmensberater und Management-Coach, einer der Grundpfeiler in der Entwicklung eines guten Managers. Hinzu kommen: Angst- und Barrierefreiheit beim Betreten neuer Territorien, Effizienz, eine enorm hohe Eigenständigkeit – denn eine Führungskraft muss sich selbst Orientierung geben können – sowie die Fähigkeit zur Selbstreflexion entwickeln. "Ohne Selbstreflexion kann ich als Führungskraft keine Selbstständigkeit erreichen", sagt Scheidt. Damit die Führungskräfte von morgen den Anforderungen an sie auch gerecht werden, vermittelt er all diese Dinge den MBA-Studenten der Hochschule Niederrhein am Standort Mönchengladbach.

Die Teilnehmer des berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiums kommen aus den unterschiedlichsten Branchen und haben nach zwei Semestern theoretischen Studiums im dritten Semester die Möglichkeit, das Erlernte in einer sogenannten "Field Study" praktisch anzuwenden. Analyse- und Problemlösefähigkeiten sind gefragt. Dafür übernehmen die Studenten meist in zwei Gruppen á fünf Leuten ein reales Projekt eines Unternehmens. "Die Studenten bekommen Projekte aus Bereichen, mit denen sie noch nie etwas zu tun hatten – sie betreten also neues Terrain. Zudem müssen sie sich innerhalb der Gruppe selbst organisieren", sagt Stefan Scheidt.

Im vergangenen Semester war etwa ein Startup-Vorhaben Grundlage der Field Study. Ärzte aus der Region überlegen, ob sie eine Weiterbildungs-Institution gründen sollen, die sich mit Wirtschaft einerseits und mit Werten und Ethik andererseits beschäftigt. Diese "Akademie für Führung und Werte" auszugestalten, war Aufgabe der MBA-Studenten. "Nach Untersuchung der Marktlage sowie Interviews mit den Ärzten gab es am Ende ein nachvollziehbares Konzept für die Akademie mit Businessplan und möglichen Inhalten sowie klaren Empfehlungen für die Stakeholder", sagt Harald Vergossen, Professor für Betriebswirtschaftslehre und an der Hochschule Niederrhein verantwortlich für das MBA-Programm.

Stefan Scheidt begleitet die Studenten auf diesem Weg als Supervisor und Field Study-Verantwortlicher. "Die Hochschulen benötigen Leute mit Berufserfahrung, die den Studierenden die Sicht eines Praktikers vermitteln. Und die Praxisprojekte sind ein Gewinn für alle Seiten: Für die Hochschule, die interessante Projekte generieren kann, für die Unternehmen, die sinnvolle Ideen für ihre Projekte erhalten, und für die Studenten, die vor reellen unternehmerischen Herausforderungen stehen."

Zu diesen Herausforderungen gehöre es auch, mit Zeitdruck umgehen zu lernen und die Studenten für Prägnanz, Struktur und Effizienz zu sensibilisieren. Bei der Bewertung ist es den Dozenten wichtig, nicht nur Noten zu geben, sondern diese durch qualitative Kommentare und Feedback zu flankieren. "Wir geben etwa Hinweise, in welche Richtung sich derjenige noch entwickeln könnte", sagt Harald Vergossen.

Eine Besonderheit ist außerdem der persönliche Reflektionsbericht, den jeder Student am Ende des Praxisprojektes erstellt. "Der Aspekt der Selbstreflexion von Managern kommt bei allen Hochschulen, auch in internationalen MBA-Programmen, viel zu kurz", sagt Stefan Scheidt. Deshalb sollen seine Studenten sich ihre intuitiven Verhaltensweisen bewusst machen und diese bewerten: Was habe ich persönlich in der Gruppe geleistet? Welche Stärken habe ich bewiesen, und wo hätte ich andere Wege gehen können? Warum habe ich Entscheidungen so getroffen und nicht anders? "So reifen die Studenten nicht nur fachlich, sondern auch persönlich."

Das einsemestrige Praxisprojekt der Hochschule Niederrhein ist laut Harald Vergossen in dieser Form einmalig im Bereich der MBA-Angebote. "Das Modul Field Study kommt vor dem vierten und damit letzten Semester, in dem die Masterarbeit verfasst wird. Die Studierenden haben damit, im Hinblick auf die künftig an sie gestellten Anforderungen, eine realistische Erfahrung in der Praxis gemacht."

(RP)
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