Hier wird der Schuft zum Helden: "Ralph reicht's"

Wenn die Spielhalle abends geschlossen wird, genießen die Gamefiguren ihre wohlverdiente Freizeit. Doch einer hat keine Lust mehr auf seinen zerstörerischen Job. Ralph, seit Jahrzehnten der Bösewicht im Videospiel "Fix-it Felix Jr.", mag nicht mehr Fiesling und Außenseiter sein. Er will endlich Ruhm ernten, und um zu zeigen, dass auch er zu Heldentaten fähig ist, schleicht er sich in andere Games. Damit aber bringt der nichtsahnende Riese die Welt der Arcade-Spiele in Gefahr und beschwört sogar eine Invasion von Riesenkäfern herauf.

Dass "Ralph reicht's" das Disney-Werk zur Weihnachtszeit ist, mag man kaum glauben. Denn dass die altgediente und gerne konservative Trickschmiede ihr jüngstes Animations-Abenteuer in der Welt der Computerspiele ansiedelt, also an einem Schauplatz, den man eher von Pixar erwartet hätte, wirkt überraschend. So wird statt eines Prinzen oder eines Königs der Löwen ein Schuft zum Helden.

Anfangs fühlt man sich an "Toy Story" erinnert, wo Spielzeugpuppen lebendig wurden. Hier sind es nun die Gamefiguren, die pünktlich zum Feierabend ein Eigenleben entwickeln, und gerade in der ersten Filmhälfte strotzt "Ralph reicht's" vor vergnüglich-frechen, für Disney+ geradezu anarchischen Einfällen. Drollig, wenn sich die Figuren nach Dienstschluss in einer Bar treffen, um sich einen hinter die Binde zu gießen. Oder wenn sich der einsame Ralph in die Selbsthilfegruppe der "Anonymen Bösewichte" einreiht, in der Finsterlinge aus diversen Videospielen händchenhaltend nach Selbstbewusstsein suchen.

Doch ganz verzichtet Regisseur Rich Moore ("Simpsons") nicht auf Disney-Schmalz. Spätestens, wenn Ralph im Racing-Game "Sugar Rush" strandet, wo es titelgemäß vor kunterbunter Zuckersüße trieft und er dort auf das kleine kulleräugige Mädel Vanellope trifft, ist der Bogen vom modernen Getrickse, wie man es von Pixar oder Dreamworks kennt, zum Disneyfilm der guten alten Schule geschlagen. lll

(RP)
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