Filmlegende Eastwood — der sture Held wird 80

Düsseldorf (RP). Als Pistolero in Italo-Western und als Polizist Dirty Harry hat er seine Filmkarriere begonnen. In großen Dramen wie "Die Brücken am Fluss" oder "Million Dollar Baby" zeigte er auf seine knurrige Art sensiblere Seiten. Am Montag wird Clint Eastwood 80 Jahre alt.

Filmwelt verneigt sich vor Clint Eastwood
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Er hat diese feine Nase, hohe Stirn, schmale Lippen, kantige Wangenknochen — ein scharf geschnittenes, fast aristokratisches Gesicht, das mit brutaler Bewegungslosigkeit unter der CowboyHutkrempe hervorschauen kann.

Oder Clint Eastwood nimmt seine Gegner mit diesem arroganten Dirty-Harry-Blick ins Visier, mit zusammengekniffenen Augen, als habe er immer Gegenlicht. Dabei sind doch nur die Bürokraten seiner Behörde gegen ihn. Und um die schert sich dieser Polizist dann einfach nicht, sondern jagt den gemeinen Mörder, bis er ihn vor seiner Magnum hat. Kaliber 44.

"Ich schieß euch ein Loch ins Gesicht"

Mit derselben unbestechlichen Miene stieg er neulich, in "Gran Torino", als 78-Jähriger aus seinem Ford, um ein junges Mädchen aus den Händen einer Gang zu befreien. Und man weiß da nicht, ob seine Waffe mehr Eindruck auf die Jungs macht oder dieser Satz: "Ich schieß euch ein Loch ins Gesicht — und schlaf danach wie ein Baby."

Am Montag wird der Unbestechliche, der Erbarmungslose, der edle Sture Clint Eastwood 80 Jahre alt. Und obwohl er eine große Familie hat, allein sieben Kinder aus diversen Beziehungen, kann man ihn sich kaum vorstellen als fröhlich umringten Jubilar. Denn stets ist etwas Einsames um diesen Einzelgänger-Helden, der mit Stolz und Unerbittlichkeit und immer ein wenig Trauer über die Verkommenheit der Welt seinen Weg durch die Filmgeschichte gegangen ist.

Es gibt wohl kaum einen Schauspieler, dessen Figuren so sehr zu einem Amalgam verschmelzen. Zu einer Leinwandperson, die sich allerdings weiterentwickelt hat. Denn wenn er da in seiner letzten Rolle als Koreakriegsveteran Walt Kowalski auf seiner Veranda sitzt, ein Witwer, den die Einsamkeit hart gemacht hat und der die asiatischen Jugendbanden aus der neuen Nachbarschaft von seinem Grundstück vertreibt, dann ist er der gealterte Dirty Harry, der sich keine Sentimentalitäten leistet, wenn er in die Wirklichkeit blickt.

Ein Mann, der weiß, dass man manchmal Stärke zeigen muss. Doch er wird in "Gran Torino" lernen, dass er mit Gewalt nur vorläufige Siege erringt. Und er wird seine Sturheit überwinden und fast so etwas wie ein Vater werden für einen dieser Gang-Jungs. Für diese Zuwanderer, die die Zukunft eines Amerikas sind, das Dirty Harry so nicht gewollt hat, mit dem sich Walt Kowalski aber aussöhnt. Wenn es ihn auch das Leben kostet.

Wie Sergio Leone

Dazwischen liegen viele Rollen, in denen Eastwood nicht den Revolverhelden gab. Doch selbst in seinen großen Filmballaden ist es stets ein wenig einsam um ihn. Ob er nun in "Die Brücken am Fluss" den Landschaftsfotografen spielt, der einer verhärmten Meryl Streep ein später, sehr zarter Liebhaber wird — vier herzzerreißende Tage lang. Oder ob er in "Million Dollar Baby" den knurrigen Boxtrainer gibt, der widerwillig das Außenseitermädchen Hilary Swank trainiert und auch ihr ein Vater wird. Ein Vertrauter, der ihr den bittersten Liebesdienst erweist, der einem Vater abverlangt werden kann.

Nie hat Clint Eastwood große Gefühle gescheut, weder als Darsteller noch als Regisseur. Doch er ist nie ins Gefühlige abgeglitten, weil er Emotionen in diese steinerne Miene legen kann, der man jede Regung ansieht, ohne dass sich ein Muskel bewegt. Und weil er als Regisseur seine Geschichten klassisch, gewichtig baut, wie Sergio Leone, der ihn einst zum großen Italo-Westernhelden gemacht hat.

Frauen zu großen Auftritten verholfen

Eastwood ist eine Ausnahmeerscheinung in Hollywood, weil er als Darsteller einen eigenwilligen Typus entwickelt hat, in dem sich doch die Befindlichkeiten seines Landes spiegeln. So steht sein Gesicht für das weiße, selbstbewusste, republikanische Amerika, das allerdings spätestens seit Bush ins Grübeln gekommen ist über die Nachhaltigkeit von Stärkebeweisen.

Eastwoods Kriegsdramen "Flags of Our Fathers" und "Letters From Iwo Jima" erzählen düster davon, wie viel Blut die Erschaffung amerikanischer Helden kostet. Sie haben Eastwood nicht viel Geld eingespielt, aber seinen Ruhm als Regisseur gemehrt. Und auch darin ist er einzigartig, dass er an seine Karriere als Darsteller diese herausragende als Regisseur und Produzent anknüpfen konnte. Sie hat ihm hohe Auszeichnungen eingebracht — unter anderem vier Oscars.

Und er hat Frauen zu großen Auftritten verholfen. Meryl Streep und Hilary Swank, zuletzt auch Angelina Jolie. Die spielt in "Der fremde Sohn" eine Mutter, der die Polizei nach einer Entführung ein fremdes Kind unterschieben will. Mit erschütternder Zähigkeit kämpft Jolie in der unheilvollen Atmosphäre der Depressionszeit gegen dieses Unrecht.

Eine Frau tritt an, den Kampf des Dirty Harry gegen die Ordnungsmacht zu übernehmen. Clint Eastwood hat als Darsteller einen Mythos geschaffen. Als Regisseur fährt er fort, ihn zu variieren. Wie gut, dass er auch zum 80. Geburtstag nicht nach seinem Ruhestand gefragt werden will.

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