Anleitung für Bombenbauer Terror-Crashkurs im Internet

Berlin (rpo). Bomben bauen leicht gemacht - auf zahllosen Websites im Internet kursieren Anleitungen für Bombenleger und Selbstmordattentäter. So lange eine solche Seite nicht ausdrücklich zu Straftaten aufruft, kann ihr die deutsche Justiz wenig anhaben.

Explosionsserie in London
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Die Internet-Seite lässt keine Fragen offen. Sie listet auf, welche Substanzen in der Apotheke gekauft werden müssen und wie viel sie kosten. Schließlich ist Schritt für Schritt nachzulesen, wie aus den Zutaten ein Sprengsatz mit Zünder gebaut wird.

Im Internet kursieren hunderte Anleitungen zum Bau von Bomben und Unterweisungen für Selbstmordattentate. Das technische Knowhow der Gewalt ist weiter für jeden zugänglich - auch für die Kleinstzellen, in die sich das Terrornetz der El Kaida allmählich aufsplittert.

Das Terrorwissen wird in abgeschotteten Foren und Chat-Rooms ausgetauscht. Das deutsche Recht lässt die Verbreitung solcher Inhalte zu. Ruft eine Seite nicht explizit zu Anschlägen auf, ist sie nicht strafbar.

Dutzende Internet-Fahnder sitzen hierzulande vor den Bildschirmen. Doch sie stehen vor einem Dilemma. Paragraph 130a des Strafgesetzbuches schreibt fest, dass nur solche Bombenbau-Seiten unter Strafe stehen, auf denen direkt zu einem Anschlag aufgefordert wird. Steht dort die reine Gebrauchsanweisung für die Produktion eines Sprengstoffs, ist das erlaubt.

Kritik an deutschen Gesetzen

Experten fordern schärfere Regeln. "In Deutschland sind die Gesetze extrem lapidar gefasst", sagte Bert Weingarten, Chef der Internetsicherheits-Firma Pan Amp, die die Online-Verbreitung von extremistischen Gewalt-Seiten im Internet seit Jahren beobachtet.

Weingarten weist darauf hin, dass in Spanien, Italien oder Frankreich solche Internet-Angebote konsequent abgeschaltet werden. Das Bundesjustizministerium hält das deutsche Gesetz dagegen für ausreichend.

Das Ministerium weist darauf hin, dass etwa auch Patentschriften zu explosiven Stoffen verboten sein müssten, wenn die Seiten generell unter Strafe gestellt würden.

Doch für die Internet-Polizisten sind auch Seiten, die explizit zu Gewalt oder zum heiligen Krieg aufrufen, immer schwerer zu verfolgen. "Der Verfolgungsdruck hat zu einer Bewegung weg von ein paar zentralen Internet-Seiten geführt", sagt Henner Kirchner, Islamwissenschaftler an der Universtität Gießen, der seit Jahren zu islamistischen Websites forscht.

Brisante Daten als PDF

Die Fahnder beobachten, dass sich Extremisten in schwer zugängliche Foren und Chat-Gruppen zurückziehen. "Meist werden brisanten Dokumente dort nur als PDF-Dokument angehängt", sagt Kirchner.

So zirkuliert laut Kirchner weiter das El-Kaida-Handbuch, das in afghanischen Traningslagern eingesetzt wurde und auf hunderten Seiten zum islamistischen Kampf gegen die westliche Welt anleitet.

Auch die Ausgaben der saudiarabischen Internet-Zeitschrift "Muaskar el Battar" ("Militärcamp") seien beliebt bei der Online-Gemeinde. Dort wird der Bau von Waffen oder Sprengstoff unterrichtet. Die Zeitschrift selbst existiert nicht mehr. Saudiarabische Fahnder zerschlugen die Redaktion, als sie nach den Anschlägen von 2003 gegen Islamisten vorgingen.

Die Hintermänner der Terror-Schulungen im Internet sind oft kaum auszumachen. "Wer sein Materialien in ein Forum stellt, bleibt meist anonym", sagt Islamwissenschaftler Kirchner. Und auch eine bessere Gesetzeslage in Deutschland sehen nicht alle Anti-Terror-Beamte als die Lösung ihrer Probleme.

"Was nützt die schönste Strafbarkeit, wenn derjenige nicht zu fassen ist, der es ins Internet einstellt", sagt ein Verfassungsschützer. Nur eine weltweit einheitliche Verfolgung der Inhalte mache Sinn. Ansonsten gelte: "Wenn es in Deutschland strafbar ist, dann gehen sie halt bei ausländischen Providern ins Netz."

(afp)
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