Papier verliert bis zu 13 Prozent US-Behörde schockt Bayer-Aktionäre

Frankfurt (RPO). Warnschuss für Bayer: Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat am Dienstag kritische Nachfragen zum neuen Schlaganfall-Medikament Xarelto gestellt und die Bayer-Aktie damit in den Keller rutschen lassen. Das Papier des Chemie- und Pharmakonzerns brach zeitweise mehr als 13 Prozent ein und damit so stark wie seit rund drei Jahren nicht mehr.

Viele Investoren befürchten, dass sich der Marktstart des wichtigen Hoffnungsträgers auf dem lukrativen US-Markt nun verzögern könnte. Die Leverkusener trauen dem Medikament Umsätze von mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr zu. Ein Händler bezeichnete den Kurssturz allerdings als übertrieben. Die Aktie des US-Pharmariesen Johnson & Johnson, mit dem Bayer bei Xarelto zusammenarbeitet, verlor in New York nur gut ein Prozent.

Am Donnerstag tritt ein unabhängiges Gremium von Medizinexperten bei der US-Gesundheitsbehörde FDA zusammen, um über den Zulassungsantrag von Bayer und Johnson & Johnson zu beraten und eine Empfehlung zu geben. Üblicherweise veröffentlicht die FDA im Vorfeld solcher Beraterausschüsse die Fragen, die die Medizinexperten auf ihrem Treffen beantworten sollen. In den auf ihrer Webseite veröffentlichten Schriftstücken forderte sie das Beratergremium unter anderem auf, genau zu prüfen wie wirksam das Schlaganfallmittel ist und ob dies für eine Zulassung reiche. Außerdem sollten sie diskutieren, ob die große zulassungsrelevante klinische Studie mit dem Namen Rocket AF angemessen gewesen sei.

FDA: Studiendaten reichen nicht aus

Nach Einschätzung der FDA reichen die Studiendaten nicht aus, um zu bestimmen, ob das Medikament im Vergleich zu dem älteren Standardmittel Warfarin hinreichend wirksam ist. Auch gebe es nicht genügend Informationen, um die Sicherheit des Präparats zu bewerten. Allerdings sei das Blutungsrisiko das einzige ernsthafte Risiko bei der Einnahme des Medikaments.

Die FDA empfahl daher, den Unternehmen einen sogenannten "Complete-Response"-Brief zu schicken. Damit fordert die Gesundheitsbehörde ein Unternehmen auf, weitere Informationen zu dem betreffenden Medikament zu liefern. Dies bedeutet zumeist, dass sich das Zulassungsverfahren in die Länge zieht. Bayer zeigt sich jedoch weiter zuversichtlich. "Wir haben nach wie vor Vertrauen in die Rocket-AF-Daten", sagte eine Bayer-Sprecherin.

Pharmaanalysten äußerten sich dagegen skeptisch. "Das Wording des Dokuments ist tendenziell kritisch. Man hat den Eindruck, die FDA legt den Finger in die Wunde", sagte Karl-Heinz Scheunemann von der LBBW. Stimmten die Medizinexperten der Empfehlung der Behörde zu, was nicht immer der Fall sei, müsse Bayer von einer Verzögerung bei der Zulassung ausgehen.

Das Beratergremium wird am Donnnerstag die Berichte der Unternehmen sowie die Darstellung und Fragen der FDA für ihre Empfehlung heranziehen. Danach geht der Ball zurück zur FDA, die diese Empfehlung prüft und schließlich über die Zulassung befindet. Die Entscheidung der FDA wurde bisher für Anfang November erwartet.

Der US-Konzern Pfizer im Verbund mit Bristol-Myers Squibb , Bayer im Verbund mit Johnson & Johnson und auch der deutsche Rivale Boehringer Ingelheim liefern sich einen harten Wettbewerb um die beste Position im US-Markt für die neue Generation von Gerinnungshemmern. Analysten trauen den modernen Pillen zur Schlaganfall-Vorbeugung viel zu: Auf zehn bis 20 Milliarden Dollar wird zusammengenommen das jährliche Umsatzpotenzial geschätzt. Die Pille Pradaxa von Boehringer Ingelheim ist in den USA bereits zum Schutz vor Schlaganfällen erhältlich. Auch in Europa hat das Familienunternehmen bereits die Zulassung erhalten. Alle Unternehmen setzen darauf, das Jahrzehnte alte Warfarin als Standardmittel in diesem Behandlungsfeld abzulösen.

(RTR/felt)
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