Bauern-Proteste Kirchen und Politiker kritisieren Verschütten von Milch

Berlin (RPO). Der Milchboykott der deutschen Landwirte sorgt für hitzige Diskussionen über den Umgang mit Lebensmitteln. Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher (CDU) kritisierte, dass die Bauern aus Protest Milch wegschütteten. Auch Kirchenvertreter verurteilten dieses Vorgehen. Der Milchindustrie Verband (MIV) bezifferte die Schäden durch Streiks und Blockaden von Molkereien auf 50 Millionen Euro.

 Darf man Milch verschütten?

Darf man Milch verschütten?

Foto: ddp, ddp

Mehrere Minister zeigen aber auch Verständnis für die seit mehr als einer Woche laufenden Proteste. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) versicherte den Bauern am Mittwoch seine Solidarität, forderte aber die Einhaltung rechtsstaatlicher Regeln. Seehofer verteidigte die Aktionen der Milchbauern. "Das Demonstrationsrecht gehört zur Demokratie", sagte er. Allerdings müsse sich der Protest "auf rechtstaatlichem Boden" bewegen.

Zugleich warnte er vor einer Abhängigkeit von Milch-Importen aus dem Ausland. "Wie problematisch solche Abhängigkeiten für eine Volkswirtschaft sein können, erleben wir bei der Energieversorgung", sagte er. Faire und kostendeckende Preise für die Bauern seien im allgemeinen Interesse. "Nur wenn die Milchbauern existieren können, vermeiden wir, dass wichtige Rohstoffe für die Lebensmittelproduktion aus dem Ausland bezogen werden müssen", sagte Seehofer.

Zugleich erläuterte der Minister seine Vorstellungen von einem "Milch-Gipfel". "Wenn die aktuelle Preisdiskussion vorüber ist, werde ich alle Beteiligten nach Berlin einladen - die Vertreter der Milchbauern, der Molkereiwirtschaft und des Handels", sagte er. "Wir benötigen einen Dialog über die langfristigen Strukturfragen der deutschen Milchwirtschaft." Dazu gehöre die Lagerhaltung, aber auch die deutsche Position zur Milchquote. Nötig sei eine abgestimmte Strategie aller Akteure.

Der Minister verlangte einen höheren Milchpreis für die Landwirte. "Auf dem Weltmarkt bekommen Landwirte über 40 Cent pro Liter Milch, in Deutschland teilweise nur 27 Cent", sagte er. Davon könne niemand leben, der gute Qualität liefern soll. 40 Cent seien ein fairer Preis. Doch der Handel in Deutschland habe viel Macht und wolle diesen Preis nicht zahlen.

Die Molkerei Ehrmann erwägt eine Schadensersatzklage. Werner Hahn, Mitglied der Geschäftsführung der bundesweit fünftgrößten Molkerei, sagte: "Unser Werk abzuriegeln war illegal und gesetzeswidrig. Wir halten die Option einer Schadensersatzklage offen."

Auch der Hamburger Erzbischof Werner Thissen sagte: "Ich halte die Vernichtung von Lebensmitteln ethisch für ebenso problematisch wie den enormen Preisdruck, der auf die Bauern ausgeübt wird." Er sehe den Handel und die Molkereien aber in der Pflicht, die Milchproduzenten angemessen zu bezahlen.

(afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort