Auf dem deutschen Markt Gazprom will Stromkonzernen Konkurrenz machen

Düsseldorf · Der russische Gasriese Gazprom hält trotz der gescheiterten Kooperationsgespräche mit RWE an seinen Expansionsplänen in Deutschland fest. Der jüngste Kauf des hessischen Versorgers Envacom sei erst der Anfang gewesen.

Das machte Gazprom-Chef Alexej Miller in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" deutlich.

Gazprom wolle sich in Deutschland "noch stärker engagieren". "Wir möchten nicht nur Gas liefern, sondern auch in die Stromproduktion einsteigen. Die Bereitschaft, in Kraftwerke zu investieren, ist bei Gazprom nach wie vor sehr hoch."

Etwaigen Bedenken der Politik begegnet Miller selbstbewusst. Gazprom brauche politische Unterstützung für Großprojekte. "Aber wir warten nicht auf die Politik, sondern sprechen schon jetzt mit unseren deutschen Partnern, wie wir die Energieversorgung verbessern können."

Das Bundeswirtschaftsministerium hatte deutlich gemacht, weitere Engagements von Gazprom in Deutschland sehr sorgfältig prüfen zu wollen. Der russische Gasmonopolist liefert rund ein Viertel des in Europa verbrauchten Gases und ist der größte Lieferant für Deutschland.

Bislang ist Gazprom noch nicht der große Wurf gelungen, sich selbst als Anbieter am deutschen Markt zu etablieren. Die Gespräche mit RWE über eine Kooperation beim Bau neuer Kraftwerke waren jüngst gescheitert. Gazprom geht nun zunächst den Weg über kleinere Versorger und geplante Kooperationen mit Stadtwerken.

Im November hatte Gazprom den hessischen Versorger Envacom gekauft, um sich damit im Endkundengeschäft zu etablieren. Erst vor wenigen Tagen gab das Bundeskartellamt grünes Licht für eine Anteilserhöhung bei der ostdeutschen Ferngasgesellschaft VNG auf 10,52 Prozent. Die Stadtwerkegruppe Thüga zeigte sich offen für den Bau gemeinsamer Kraftwerke mit Gazprom, lehnte einen Einstieg der Russen aber ab.

In der Diskussion mit der Europäischen Kommission um die Forderung nach einer Trennung des Pipeline-Betriebs von der Gasförderung drohte Miller nun mit rechtlichen Schritten.

Brüssel betrachte die neuen Binnenmarktregeln wohl als Druckmittel gegen Exportländer wie Russland. "Jede Aktion bewirkt eine Reaktion", sagte Miller. "Manche in Russland fordern, in einem solchen Fall Gegenmaßnahmen zu durchdenken." Rechtliche Schritte wären "zumindest zu prüfen".

(REU)
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