Statistisches Bundesamt Aufschwung lässt Zahl der Firmenpleiten sinken

Berlin (RPO). Im Sog der anziehenden Konjunktur ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in den ersten drei Quartalen auf Jahressicht gesunken. Die Insolvenzverwalter sprechen von einer "nachhaltigen Erholungstendenz". Noch nicht davon erfasst ist allerdings der Dienstleistungssektor.

 In Deutschland fehlen immer mehr Lehrlinge.

In Deutschland fehlen immer mehr Lehrlinge.

Foto: ddp, ddp

Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte, wurden den Amtsgerichten zwischen Januar und Ende September 24.483 Firmenpleiten gemeldet. Das waren 0,9 Prozent weniger als vor einem Jahr. Vor allem im zweiten und dritten Quartal wurden weniger Fälle registriert.

Während es im ersten Jahresviertel noch ein Anstieg um 6,7 Prozent gab, nahm die Zahl der Fälle in den beiden folgenden Quartalen um 2,3 und 6,5 Prozent ab. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung rechnet die Behörde für das Gesamtjahr mit einem Rückgang der Insolvenzen von 32.687 im vergangenen Jahr auf rund 32.000.

Wie die Statistiker weiter mitteilten, stieg die Zahl der Verbraucherinsolvenzen in den ersten neun Monaten um 9,5 Prozent auf 81.692. Dabei schwächte sich der Anstieg im Jahresverlauf jedoch ab. Betrug das Plus im Auftaktquartal noch 13,0 Prozent, wurden in den folgenden Jahresvierteln Zuwachsraten von 10,1 und 5,6 Prozent registriert. Für das Gesamtjahr werden mehr als 110.000 Insolvenzfälle erwartet, nach 101.102 im vergangenen Jahr.

"Firmenlandschaft" ist positiv

Zusammen mit den Insolvenzen von anderen privaten Schuldnern und Nachlässen wurden von Januar bis Ende September 127.066 Insolvenzen erfasst, ein Plus von 4,7 Prozent gegenüber 2009. Dabei beliefen sich die voraussichtlichen offenen Forderungen der Gläubiger laut den Gerichten auf 31,2 Milliarden Euro nach 75,2 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Grund für den Rückgang sei eine geringe Zahl von Pleiten wirtschaftlich bedeutender Unternehmen, hieß es.

Die Wirtschaftsinformationsgesellschaft Bürgel legte am selben Tag in Hamburg ähnliche Zahlen vor. Die "Firmenlandschaft" habe sich im dritten Quartal besser entwickelt als erwartet, sagte Bürgel-Geschäftsführer Norbert Sellin. Alle 16 Bundesländer meldeten inzwischen rückläufige Firmeninsolvenzzahlen.

Im Gegensatz zur Konsumentenüberschuldung stoppe der konjunkturelle Aufschwung den Abwärtstrend bei den Unternehmenspleiten. Sellin begründet das mit steigenden Exporten, einer langsam anziehenden Binnenkonjunktur und einer Erholung auf dem Kreditmarkt. Auch für 2011 seien die Aussichten positiv.

Bei absoluten Zahlen schnitt laut Bürgel Nordrhein-Westfalen im Ländervergleich in den ersten neun Monaten dieses Jahres mit 5.201 Pleiten am schlechtesten ab, gefolgt von Bayern mit 3.151 Fällen und Baden-Württemberg mit 2.505. Bezogen auf die Firmendichte in Gesamtdeutschland wurden 68 von je 10.000 Unternehmen zahlungsunfähig.

Ausbleiben neuer Aufträge

Spitzenreiter im relativen Vergleich ist Bremen mit 108 Firmeninsolvenzen je 10.000 Unternehmen. Auch Sachsen-Anhalt mit 98 Pleiten je 10.000 Unternehmen und Schleswig-Holstein mit 90 verzeichnen erhöhte Werte. Am positivsten gestaltet sich den Angaben zufolge die Situation in Hamburg mit 40 Fällen je 10.000 Unternehmen. Auch Bayern mit 54 und Baden-Württemberg mit 55 gehörten zu den Ländern mit wenigen Unternehmenspleiten.

Klassische Ursachen für eine Firmenpleite sind laut Bürgel vor allem das Ausbleiben neuer Aufträge sowie die Stornierung oder die Verschiebung bereits erteilter Aufträge. Außerdem sorgten Dominoeffekte dafür, dass zahlungsunfähige Firmen weitere Unternehmen mit in die Insolvenz rissen. Daneben sei die restriktive Kreditvergabe der Banken - vor allem bei kleinen und jungen Unternehmen - nach wie vor mitverantwortlich für den Pleitetrend auf weiterhin hohem Niveau.

Auch aus Sicht des Verbands der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) setzt sich der Erholungstrend fort. "Bei den Verwaltern kehrt wieder Normalität ein", sagte der VID-Vorsitzende Siegfried Beck. Vor allem im verarbeitenden Gewerbe habe sich die Lage merklich entspannt. "Wir beobachten zunehmend, dass sich die Banken bei der Kreditvergabe wieder etwas aufgeschlossener zeigen", sagte Beck. Auch die Beschäftigungskonjunktur steige spürbar an und erreiche zunehmend auch kleinere Unternehmen. Unsicherheiten bestünden allerdings nach wie vor im Hinblick auf die stark schwankenden Rohstoffpreise.

Eine Ausnahme bilde derzeit noch der Dienstleistungssektor. "Im Dienstleistungsgewerbe findet derzeit noch ein starker Konsolidierungsprozess statt", sagte Beck. Die Branche leide immer noch unter den teilweise drastischen Einsparmaßnahmen der Industrie im Zuge der Krise. Eine Erholung werde dort noch einige Monate dauern.

(apd/nbe)
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