Karlsruhe Quadratisch, praktisch, schützenswert

Karlsruhe · Der Bundesgerichtshof hat sich in Sachen Markenschutz anders als das Bundespatentgericht auf die Seite von Ritter Sport geschlagen. Auch der Traubenzucker-Würfel von Dextro Energy bleibt geschützt. Zumindest vorerst.

An der Frage, ob Schokolade in quadratischer Verpackung besonders praktisch ist, weil sie so gut in die Hosen- oder Jackentasche passt, scheiden sich die Geister. Auch jene, die sich juristisch damit auseinandersetzen, ob so ein Viereck im rechtlichen Sinne Allgemeingut oder doch schützenswert sei. Die einen, die vom Bundespatentgericht, haben den jahrelangen Markenschutz für das Quadrat von Ritter Sport vor drei Jahren nicht mehr gelten lassen, weil sie die Art der Ware, also Schokolade generell, als grundlegend für die Form der Verpackung ansahen. Die anderen, jene vom Bundesgerichtshof, haben die Entscheidung der Patentrichter revidiert. Das Markenrecht sei "mittlerweile von einem sehr hohen Abstraktionsgrad erfüllt, was die Handhabung in der Praxis nicht gerade einfach macht", sagte gestern der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher (Az.: I ZB 105/16 u.a.).

Die Argumentation aus Karlsruhe bedeutet im Grunde: Markenschutz hängt an mehr als an jenen Kritierien, die die Patentrichter in München 2014 angewandt haben. Und sie gilt auch für die Traubenzucker-Stapel der Meerbuscher Firma Dextro Energy. Der hatten die Patentrichter vor drei Jahren attestiert, die Stapel-Form ziele nur auf "technische Wirkung" ab.

In beiden Fällen hätte fortgesetzter Markenschutz aus Sicht der Patentrichter bedeutet, dass ein Monopol der Anbieter entstanden wäre. Das will niemand. Aus Sicht des BGH aber ist Traubenzucker à la Dextro Energy in 3 D mit der Sollbruchstelle zum Portionieren eben nicht nur eine produkttypische Technik-Lösung, mit der alle Anbieter arbeiten können, sondern doch produktspezifisch. Und Ritter Sport sogar "Art Deco", wie die selbst ernannten Schokoladenkünstler aus dem Hause Ritter das nennen.

So bleibt der Markenschutz - zumindest so lange, bis die Patentrichter in München etwas anderes auf den Tisch gelegt bekommen, das die Schutzwürdigkeit erneut in Frage stellen könnte. Bis dahin sind die Kläger, der Schweizer Milka-Hersteller Mondelez (im Fall Ritter Sport) und ein Unternehmer aus Hannover, die Verlierer des Streits.

Die auf Markenrecht spezialisierte Rechtsanwältin Heike Freund aus der Kanzlei CMS Hasche Sigle in Düsseldorf sieht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit gemischten Gefühlen: "Inhaltlich ist dem BGH zwar zu folgen. Die für die Markeninhaber entscheidende Frage, ob das Schutzhindernis ganz allgemein auch für Verpackungen gilt, hat er nicht beantwortet", sagte sie unserer Redaktion. "Entschieden ist dies nun nach wie vor nur für die Verpackungen flüssiger Produkte."

Die beiden beklagten Unternehmen sind übrigens keine Einzelfälle - immer mehr Firmen lassen ihre Produkte als dreidimensionale Marke schützen. Dazu gehören auch der Fruchtsaft-Anbieter Granini und der Schokoladen-Hersteller Lindt mit seinem goldenen Hasen, der die Supermarkt-Regale regelmäßig vor Ostern füllt.

(RP)
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