Tennis Andrea Petkovic wollte Steffi Graf als Trainerin

Düsseldorf · Aus familiären Gründen hat die ehemalige Weltklasse-Tennisspielerin abgelehnt. Dafür gehört Boris Becker zum Team.

Die Grand-Slam-Rekord-Siegerinnen
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Foto: ap

Natürlich gibt es diese Sehnsucht. Eine ganze Nation schmachtet. Es hat sich schon eine Reihe von Talenten als neue Helden empfohlen. Doch bisher ist der Ertrag, gemessen an den Erwartungen, eher dürftig. Seit 16 Jahren hat keine deutsche Tennisspielerin eines der vier Grand-Slam-Turniere in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York gewinnen können - Steffi Graf war am 5. Juni 1999 in Roland Garros die letzte. Die aktuelle Garde hierzulande gilt als außergewöhnlich gesegnet, was die sportlichen Fähigkeiten angeht. Es gibt allerdings ein klitzekleines Problem: Allen fehlt es an mentaler Stärke. Angelique Kerber, Andrea Petkovic und Sabine Lisicki zählen zur erweiterten Weltspitze. Weltklasse sind sie deshalb noch lange nicht.

Petkovic hatte vor einigen Monaten einen Einfall. Sie wollte sich ein wenig Fachexpertise in ihr Team holen. Nicht der schlechteste Gedanke. Und warum tiefstapeln, wenn man die E-Mail-Adresse von Steffi Graf im Computer gespeichert hat? "Anfang des Jahres habe ich Steffi eine Mail geschickt und sie gefragt, ob sie meine Trainerin werden möchte. Ich hätte mir das super vorstellen können", erzählt die 27-Jährige. In der Vergangenheit hatte Petkovic bereits mit Graf in deren Wahlheimat Las Vegas trainiert. "Da hat sie mir super Tipps geben können", meinte "Petko". Die 22-malige Grand-Slam-Siegerin Graf musste nicht so lange überlegen und sagte telefonisch ab. Die 46-Jährige hat immer mal wieder gesagt, dass sie aus familiären Gründen nicht so viel reisen möchte. Die ehemalige Nummer eins der Welt lebt mit ihrem Ehemann Andre Agassi (45) und den Kindern Jaden Gil (13) und Jaz Elle (11) in Las Vegas. Weil Petkovic in Sachen Selbstvermarktung indes ganz bestimmt zu den Besten der Branche zählt, hat sie diese nette Anekdote nicht für sich behalten, sondern dem Sportinformationsdienst (SID) erzählt.

Auf den engen Beistand einer Tennislegende muss Petkovic dennoch nicht verzichten. Seit neuestem gehört Boris Becker zu ihrem Beraterstab. Und das kam so: Als Petkovic im Mai in der dritten Runde bei den French Open rausgeflogen war, saß sie einsam und traurig im Spielerrestaurant. Ganz zufällig schlenderte Becker vorbei und setzte sich zu ihr. Man habe sich lange und intensiv unterhalten, erzählt die Darmstädterin. In einer Mail habe sie sich danach beim Trainer von Novak Djokovic bedankt. Inzwischen sei er so etwas wie "mein Ansprechpartner geworden", verriet Petkovic. In Wimbledon schaute sich Becker mehrere Partien von ihr an - in der dritten Runde war das Turnier für die Hochgelobte allerdings schon wieder vorbei. "Mehr kann man von keinem anderen lernen als von Boris. Er ist der geborene Grand-Slam-Champion und konnte mir schon viele wichtige Tipps geben - vor allem für die mentale Ebene", sagt die Hessin, aktuell Nummer 16 der Rangliste. "Wenn Boris über Tennis spricht, dann haben die anderen Pause."

Es ist erstaunlich, wie eifrig Petkovic sich bemüht, Unterstützer auf ihre Seite zu bekommen. Es soll Zeiten in ihrer Karriere gegeben haben, wo sie Ratschläge nicht so eingefordert hat. Bis zum Jahresende fährt sie mit ihrem Konditionstrainer zu den Turnieren. Die Dienste von Dirk Dier nimmt sie nicht mehr in Anspruch. Dier arbeitet auch als Co-Trainer von Barbara Rittner fürs Fed-Cup-Team und betreut somit auch Kerber und Lisicki. Interessenskonflikte sollen durch die Trennung vermieden werden. Petkovic hilft sich also selbst - und kann auf die Tipps von Becker zählen.

(RP)
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