Österreicher protestieren gegen Schweizer Fall Ammann: Skispringern droht Skandal

Whistler (RPO). Skisprung-Olympiasieger Simon Ammann hat im Streit um seine neue "Wunder-Bindung" offenbar einen Punktsieg gegen den Erzrivalen Österreich errungen. "Es ist alles in Ordnung", sagte der Schweizer am Freitag vor der Qualifikation für das Springen von der Großschanze im Whistler Olympic Park.

Die Olympiasieger von Vancouver 2010
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Nachdem Ammann mit 142 m im Probesprung erneut die mit Abstand größte Weite gesprungen war, hatte er seine raffinierte Innovation zehn Minuten lang von der Jury des Internationalen Ski-Verbandes (FIS) begutachten lassen. Und die Kontrolleure fanden wohl in der Tat nichts Illegales.

Den Streit um Ammanns verändertes Bindungssystem hatten die Österreicher vom Zaun gebrochen, nachdem sie im Springen von der Normalschanze von Ammann besiegt worden waren. Der Österreichische Ski-Verband (ÖSV) hatte angekündigt, nach dem ersten Durchgang der Konkurrenz von der Großschanze Protest einzulegen, falls Ammann mit der Neuentwicklung springe. Dieser Einspruch würde allerdings bei einem offiziellen Entscheid der FIS zugunsten von Ammann ins Leere laufen. Das Springen von der Großschanze findet am Samstag statt (11.30 Uhr Ortszeit/20.30 Uhr MEZ).

Die Jury mit Sandro Pertile (Italien), Donald Grady (Kanada) sowie Geir Steinar Löng (Norwegen) hatte an Ammanns Neuerung offenbar ebensowenig etwas auszusetzen, wie der Vorsitzende der Materialkommission, Sepp Gratzer. Gratzer, kurioserweise selbst Österreicher, hatte bereits erklärt: "Ich sehe bei dieser Bindung keinen Regelverstoß. Ich finde keinen Passus, der dagegen spricht, dass diese Bindung zugelassen wird." Genauso äußerte sich der Finne Jouko Törmänen, Skisprung-Vorsitzender der FIS: "Die Bindung ist kein neues Produkt. Die Sache ist legal."

Sollten die Österreicher den Streit doch noch auf die Spitze treiben wollen, müssten sie bis 15 Minuten nach dem ersten Durchgang unter Zahlung von 100 Schweizer Franken ihre Protestnote einreichen. Dann würde die dreiköpfige Jury zusammentreten und sofort über den Fall entscheiden. Gegen die Entscheidung könnte aber wiederum Einspruch eingelegt werden, theoretisch droht ein juristisches Gerangel bis zum Internationalen Sportgerichtshof CAS. "Was die Österreicher da abziehen, ist lächerlich", sagte der Schweizer Disziplinchef Gary Furrer.

Zuvor hatte Österreichs Cheftrainer Alexander Pointner auf der Mannschaftsführersitzung ein achtseitiges Dossier mit Argumenten gegen Ammanns neues Bindungssystem verteilt und war anschließend ohne weiteren Kommentar verschwunden. In einem Schreiben hatten die Österreicher das Schweizer Team zudem ultimativ aufgefordert, "wegen der Chancengleichheit sofort den Einsatz des neuen Bindungssystems zu stoppen". Begründet wurde ihre Forderungs mit vermeintlichen Verstößen gegen die internationale Wettkampfordnung.

Nach Meinung der Österreicher soll Ammann die raffinierte Änderung an der Bindung einen Weitengewinn zwischen fünf und zehn Metern ermöglichen. "Ammann hat eine Veränderung an der Bindung vorgenommen, die ihm definitiv hilft", sagte Bundestrainer Werner Schuster dem SID. Das deutsche Team will allerdings nicht mit einem Protest aktiv werden, "schließlich haben wir unsere eigenen Sorgen".

Nachdem Michael Uhrmann auf der Normalschanze als Fünfter knapp am Podest vorbeigeflogen war, wollen die Deutschen aus dem Streit zwischen Ammann und Österreich als lachende Dritte hervorgehen. "Es wird sicher wieder ähnlich schwer, die Einzelmedaille zu holen. Aber wir wollen unsere kleine Chance nutzen. Speziell Martin kommt auf der Schanze sehr gut zurecht", sagte Schuster. Martin Schmitt war im zweiten Training zur Bestweite von 145 Metern gesegelt - weiter als Ammann mit seiner "Wunder-Bindung".

(SID/spo)
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