Zufall oder Schummelei? Ungereimtheiten bei Panini-Sammelbildern

Recife · Schummelt Panini beim Druck seiner WM-Sticker? Eine Millionen-Stichprobe des Spiegel zeigt eine massive Ungleichverteilung.

Hinter den Kulissen der Panini-Produktion
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Mit jedem aufgerissenen Päckchen gingen die Mundwinkel von Joel Campbell ein Stückchen weiter nach unten. 500 Sticker hatte der WM-Shootingstar Costa Ricas und leidenschaftliche Panini-Sammler erworben, doch sein eigenes Bild mit der Nummer 296 war nicht dabei. "100 Päckchen, und ich war nicht zu finden. Pech gehabt", twitterte Campbell im Vorfeld des Turniers in Brasilien mit einem Schuss Selbstironie unter ein Foto, das seine offenen Tütchen zeigte.

Zufall oder Schummelei? Eine gemeinsame Stichprobe des Magazins Spiegel und der Internet-Tauschplattform stickermanager.com über 8,33 Millionen-Aufkleber kommt zu einem klaren Ergebnis: Etwa zwei Drittel der 640 existierenden Aufkleber tauchen zwischen 10.700 und 12.000 Mal auf. 200 Sticker kommen in der Überprüfung auf Werte von mindestens 15.000. Und der häufigste Sticker, das Bild der italienischen Torwart-Ikone Gianluigi Buffon (vor Philipp Lahm und Mario Mandzukic), wurde sogar 21.281 Mal gefunden - Daten, die auf eine massive Ungleichverteilung schließen lassen.

Beim Panini-Verlag weist man die Vorwürfe vehement zurück. "Alle Druckbögen werden gleich oft produziert, geschnitten, gemischt und als Einzelsticker den Panini-Tütchen beigemischt", teilte Unternehmenssprecherin Christine Froehler auf SID-Anfrage mit: "Angebliche Ungleichverteilungen in den Märkten sind auf Zufälle zurückzuführen."

Stochastik-Experte Christian Hesse hält solche "Zufälle" dagegen praktisch für ausgeschlossen. "Die starken Variationen bei den Stickeranzahlen sind nicht mit einer Gleichverteilung aller Bilder vereinbar", sagte der Mathematik-Professor von der Universität Stuttgart bei Spiegel online. Die Unterschiede zur Gleichverteilung seien "statistisch extrem signifikant".

Schummel-Vorwürfe gegen Panini sind nichts Neues. Auch in der Vergangenheit ging es immer mal wieder um die Frage, ob der Sticker-Hersteller die WM-Bildchen der Fußball-Stars eventuell in verschiedenen Stückzahlen produziert, um manche von ihnen wertvoller oder begehrter zu machen. Bewiesen wurde bisher allerdings nie etwas.

Fußball-Sticker sind ein Millionengeschäft, und Europa ist ein zentraler Markt für Panini. Seit die Firma mit Sitz in Modena die Bildrechte der Fußball-Bundesliga an den US-Konkurrenten Topps verloren hat, haben die WM- und EM-Turniere extrem an Bedeutung gewonnen. Das erste Sammelalbum war von den vier Brüdern Giuseppe, Benito, Franco und Umberto Panini im Jahr 1961 herausgegeben worden. In Deutschland werden die Alben seit der Weltmeisterschaft 1974 vertrieben.

(sid)
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