FC sucht einen neuen Präsidenten 1. Chaos-Club Köln

Düsseldorf · Nach dem Rücktritt des Trios um Overath muss der Fußball-Bundesligist schnell einen neuen Kopf finden. Im Gespräch: Geschäftsführer Horstmann, Ex-OB Schramma, Podolski-Sponsor Wernze, CDU-Politiker Bosbach.

Köln Georg Melchers Auftritt verriet viel über den Charakter des 1. FC Köln. Der Geschäftsleiter des Pharma-Logistik-Unternehmens Drugofa bewarb sich um einen der zwei den Mitgliedern vorbehaltenen Plätze im Verwaltungsrat. Für seine Vorstellung bekam der Mann aus Nippes drei Minuten Zeit. "Hier darf ich länger reden als bei meiner Frau zu Hause", rief er in kölschem Tonfall in den Saal. Und: "Wer wie ich in der Zweiten Liga in Erfurt in der Fan-Kurve mit sechs Dixi-Klos steht, der weiß, wie ein FC-Fan tickt." Tosender Applaus.

Zwei Tage nach der Sessionseröffnung brannte Melcher (59) ein karnevalistisches Feuerwerk ab. Inhaltliche Argumente für einen Sitz im Beratungs- und Kontrollgremium: null. Dennoch ließ er drei Mitbewerber hinter sich und zog mit Stadionsprecher Michael Trippel als Vertreter der einfachen Mitglieder in den erlauchten Kreis der politischen Würdenträger und Wirtschaftskapitäne ein.

Melchers erfrischender Auftritt in überhitzter Atmosphäre passte zu dem, was Wolfgang Overath in seiner Abschiedsrede nach sieben Jahren Präsidentschaft sagte. Er betonte, dass der FC ein Klub der großen Gefühle ist. "Um erfolgreich zu sein, braucht man einen guten Geschäftsführer", sagte er mit Blick auf einen Nachfolger, "aber ein Verein wie der FC braucht auch eine Seele, einen Mann, dem der Klub am Herzen liegt."

Overath und seine Vizepräsidenten Jürgen Glowacz und Friedrich Neukirch haben den FC mit ihrem völlig überraschenden Rücktritt in eine Krise gestürzt. Zeitweilig regierte das Chaos im Publikum, wo sich die Vertreter rivalisierender Gruppen an die Wäsche gingen. Da sich auch Verwaltungsratschef Rolf Martin Schmitz (freilich aus beruflichen Gründen) zurückzog, war der Klub für Stunden führungslos. Noch am späten Sonntagabend wählte der Verwaltungsrat Werner Wolf, den Chef der Bitburger Brauerei, als neuen Vorsitzenden. Rewe-Vorstand Josef Sanktjohanser ist sein Stellvertreter.

Innerhalb der nächsten Wochen müssen sie den Mitgliedern ein neues Präsidium vorschlagen. Gestern hieß es, dass es bis Februar oder März dauern könne, ehe die dafür erforderliche außerordentliche Mitgliederversammlung stattfindet. Wolf: "Es geht bei dieser Entscheidung um eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft des Vereins. Das kann man nicht übers Knie brechen."

Der neue Präsident muss Führungsqualitäten mitbringen, und er muss mehrheitsfähig sein. Seit einiger Zeit ist eine Variante mit dem jetzigen Geschäftsführer Claus Horstmann als bezahltem Vorstandsvorsitzenden im Gespräch. Dazu müsste die Satzung geändert werden. Aus dem Kreis der Verwaltungsratsmitglieder kommt der nach dem Stadtarchiv-Einsturz zurückgetretene Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) in Betracht. Der zog allerdings erst im zweiten Wahlgang in den Verwaltungsrat ein. Steuerberater Franz-Josef Wernze, der Lukas Podolski, Pedro Geromel und Slawomir Peszko mitfinanziert, wird gehandelt. Außerdem machte der Name des CDU-Bundespolitikers Wolfgang Bosbach aus Bergisch Gladbach die Runde.

(RP/can)
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