Turn-WM in China Bretschneider verpasst Weltpremiere — und merkt es nicht

Nanning · Dass die Weltpremiere am Reck missglückt war, hatte jeder der 9000 Zuschauer im ausverkauften Guangxi Sports Center gesehen, nur Andreas Bretschneider nicht. "Ich war mir absolut sicher, dass ich es gepackt habe. Dass ich so danebenliege, ist mir noch nie passiert", sagte der Chemnitzer. Erst Chefcoach Andreas Hirsch musste ihn kurz nach dem Abgang über seinen groben Wahrnehmungsirrtum aufklären.

 Andreas Bretschneider war sich sicher, die Rekord-Übung am Reck geturnt zu haben.

Andreas Bretschneider war sich sicher, die Rekord-Übung am Reck geturnt zu haben.

Foto: afp, GB/JH

Der Salto über die Reckstange (Kovacs) mit anschließender gehockter Doppelschraube, er wäre ein Novum im Turnsport gewesen. Allein: Bretschneider zeigte nur eine einfache Schraube. Für die Riege des Deutschen Turner-Bundes (DTB) hielten sich die Auswirkungen in der Mannschaftsentscheidung aber in Grenzen - im Erfolgsfall wäre im chinesischen Nanning lediglich Rang sieben statt des achten Platzes herausgesprungen. 256,160 Punkten war die DTB-Riege viel weiter als kalkuliert von einer Medaille entfernt.

Weltmeister blieb mit gnädiger Hilfe der Kampfrichter WM-Gastgeber China. Mit der allerletzten und zu hoch bewerteten Reckübung fing der Olympiasieger (273,369) den fünf Runden lang führenden Erzrivalen Japan (273,269) noch ab, Bronze ging an die USA (270,369).

Fabian Hambüchen war während des Wettkampfs schnell klar geworden, dass mit der Jungspund-Truppe, die er auf das Podium geführt hatte, an Edelmetall letztlich doch nicht zu denken war. "Es war alles andere als ein einfacher Durchmarsch", sagte der ehemalige Reck-Weltmeister, der bereits am Donnerstag (13.00 Uhr) im Mehrkampf-Finale wie auch der Hannoveraner Andreas Toba erneut gefordert ist.

Am Reck und am Barren stockte der Wetzlarer seine Übungen aus der Qualifikation auf. Dass sie gelangen, war für ihn ein mächtiger Motivationsschub: "Daraus kann ich eine ganze Menge Kraft ziehen."

Der Boden für die Weltpremiere Bretschneiders war eigentlich schon gelegt. Denn der Turnweltverband FIG hatte noch wenige Stunden vor Wettkampfbeginn das neue Teil als H-Schwierigkeit eingeordnet, ein im Kunstturnen noch nie zuvor festgelegter Höchstwert. Ohne dieses Element blieb der 25-Jährige am Königsgerät aber sogar hinter Hambüchen und Toba zurück.

Bundestrainer Hirsch nahm den Fauxpas des 25 Jahre alten Sachsen wie auch das Gesamtabschneiden letztlich gelassen: "Mit drei Neulingen ist gegen dieses Ergebnis wenig zu sagen. Es wurden Erfahrungen gesammelt und es wurde eine neue Konkurrenzsituation zu den Turnern geschaffen, die verletzt zu Hause bleiben mussten."

Direkt vor dem Reck hatte die Truppe von DTB-Chefcoach Andreas Hirsch noch einen guten Durchgang am Barren hingelegt. Am Boden hingegen patzten Toba und Bretschneider, nur Hambüchen kam gut durch. Am Pauschenpferd ging sogar noch der vorletzte Platz an die Schweiz verloren

Begann es für die deutschen Athleten an den Ringen noch recht solide, konnten sie besonders beim Sprung nicht an die Leistungen aus der Vorrunde anknüpfen. WM-Debütant Lukas Dauser aus Unterhaching stürzte beim Kasamatsu mit eineinhalb Schrauben. Sogar Hambüchen hatte bei seinem Jurtschenko mit zweieinhalb Schrauben große Landeprobleme und konnte sich nur mit größter Mühe auf den Beinen halten. Schon nach zwei Geräten stand nur der achte Rang zu Buche, besser als Siebte waren die Deutschen an diesem Tag nie.

Die Welttitelkämpfe werden am Mittwoch (13.00 Uhr) mit dem Mannschafts-Finale der Frauen gesetzt. Die Qualifikation dafür hatte die DTB-Riege mit dem neunten Platz in der Vorrunde knapp verpasst.

(sid)
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