Thema Jugendgewalt beherrscht hessischen Wahlkampf Koch will Ausländerrecht verändern

Wiesbaden (RPO). Die Debatte über Jugendgewalt dominiert noch immer den hessischen Landtagswahlkampf. Noch verschärft hat sich der Streit nach der Attacke einer Gruppe junger Männer auf einen U-Bahn-Fahrer am Wochenende in Frankfurt am Main. Ministerpräsident Roland Koch (CDU) stellt nun sogar das bestehende Ausländerrecht infrage.

Jugendgewalt 2008: Was an einem Tag passiert
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Foto: AP

SPD und Grüne warfen der CDU-Landesregierung am Montag unterdessen vor, ihre Politik sei für derlei Gewalttaten mitverantwortlich. Dies wies die CDU zurück. Sie sieht sich durch die Tat in ihrer Forderung nach härteren Jugendstrafen bestätigt. Der bei dem Angriff verletzte U-Bahn-Fahrer konnte derweil die Klinik wieder verlassen. Die Staatsanwaltschaft will für einen der beiden mutmaßlichen Haupttäter Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr beantragen.

Ministerpräsident Roland Koch (CDU) bekräftigte seine Forderung nach schärferen Gesetzen. Diese würden "dringend gebraucht". "Die Sozialdemokraten werden von Tag zu Tag mehr ins Grübeln kommen, wie lange sie das durchhalten", prophezeite er mit Blick auf die ablehnende Haltung der SPD zu Gesetzesänderungen. Koch fügte hinzu, angesichts der "hohen Zahl" an Straftaten von "Menschen ausländischer Herkunft" müsse auch im Ausländerrecht "etwas geschehen".

Vorwürfe von SPD und Grünen, bei der hessischen Polizei seien unter der CDU-Regierung mehr als 1000 Stellen abgebaut worden, nannte der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Christean Wagner, eine "Lüge". Innenminister Volker Bouffier (CDU) sagte, die hessische Polizei sei "die bestausgestattete, die bestbezahlte und bestausgebildete" in Deutschland. Die SPD nutze den Überfall auf den U-Bahn-Fahrer, um den Bürgern im Wahlkampf "Angst einzujagen". Dies sei "unverantwortlich".

Nach Berechnungen von SPD und Grünen hat die CDU-Landesregierung über 1200 Stellen bei Polizei und Justiz gestrichen. Dadurch seien öffentliche Orte wie Bahnhöfe nicht mehr ausreichend geschützt. Das Land habe zudem bei der Finanzierung von Sicherheitspersonal in U-Bahnen und zusätzlichen Videokameras gespart. Der "Stellenabbau" im Justizvollzug sei der Grund, dass Gewalttäter selten zeitnah verurteilt würden. Notwendig sei eigentlich, "dass die Strafe der Tat auf den Fuß folgt", betonte SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti.

Aus Sicht von FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn ist fraglich, ob eine Strafrechtsverschärfung Taten wie die in Frankfurt verhindern würde. Gelöst werden müsse das bestehende "Defizit" im Jugendvollzug. "Es klingt nicht besonders glaubwürdig, mehr Gesetze für Jugendarrest zu fordern, solange in Hessen noch nicht einmal genügend Plätze für den Vollzug der bestehenden Gesetze eingerichtet sind", sagte Hahn.

Der Landesausländerbeirat forderte derweil die Parteien auf, das Thema kriminelle Jugendgewalt aus dem Wahlkampf sofort herauszunehmen. Die Ursachen und Hintergründe seien viel zu komplex, um die Probleme in drei Wochen lösen zu können, sagte der Vize-Vorsitzende des Beirats, Corrado di Benedetto. Er warnte zugleich vor Nachahmertaten. Das "verbale politische Zündeln" könne noch mehr Aggression und Gewalt auf der Straße hervorrufen.

(Quellen: Staatsanwaltschaft auf ddp-Anfrage; Koch in Dienstagausgabe des "Kölner Stadt-Anzeigers"; alle anderen in Mitteilungen)

(afp)
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