Spitzenpolitiker bewerten Ergebnis unterschiedlich Hamburg-Wahlergebnis befeuert Richtungsstreit in der AfD

Hamburg · Nach dem Wahlerfolg der AfD in Hamburg haben die Spitzenpolitiker der Partei nicht zu einer einheitlichen Wertung des Ergebnisses gefunden. Parteichef Bernd Lucke zeigte sich am Montag in Berlin zufrieden mit dem Resultat. Hamburg weise "den Weg für andere Landesverbände". Seine Ko-Vorsitzende Frauke Petry widersprach.

 AfD-Chef Bernd Lucke und Hamburgs AfD-Spitzenkandidat Jörn Kruse.

AfD-Chef Bernd Lucke und Hamburgs AfD-Spitzenkandidat Jörn Kruse.

Foto: dpa, lus kno

"Persönlich denke ich, hätte man mehr schaffen können", sagte Frauke Petry. Mit 6,1 Prozent hatte die AfD bei der Wahl in Hamburg erstmals den Sprung in ein westdeutsches Landesparlament geschafft. "Wir verstehen uns in Hamburg als eine liberale Partei", sagte Spitzenkandidat Jörn Kruse auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der AfD-Bundesspitze in Berlin. Er verlangte von seiner Partei "eine scharfe Grenzziehung" nach rechts.

Petry betonte hingegen, dass die AfD neben dem bürgerlich-liberalen auch das konservative Spektrum abdecken müsse. Vom Wahlkampf ihrer Partei in Hamburg hätte sie sich gewünscht, "dass der Gesamtbereich der Themen besser herauskommt". Auch das dritte Mitglied der dreiköpfigen Parteispitze, Konrad Adam, sprach sich für eine Betonung des nationalkonservativen Flügels aus. "Wir sind keine rein marktwirtschaftliche Partei", sagte er auf der Pressekonferenz.

Lucke: "Die Themen liberaler Wähler sind bei uns besser aufgehoben"

Lucke, der von Dezember an alleiniger AfD-Chef sein will, versuchte die Differenzen zu überbrücken. "Es ist gar nicht einfach, die AfD mit einer klaren Etikettierung zu verorten", sagte er. Lucke verwies auf die laufenden Arbeiten am ersten Parteiprogramm, das im November verabschiedet werden und eine klarere inhaltliche Grundlage geben soll. Die AfD sei auf jeden Fall eine Partei, die "jeden Abstand hält zu den politischen Rändern", insbesondere zu "jeder Form von Ausländerfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit".

Aus dem Hamburger Ergebnis zog Lucke den Schluss, künftig müsse seine Partei attraktiver für FDP-Wähler werden. Hier habe die AfD ihr Potenzial noch nicht ausgeschöpft. "Die Themen liberaler Wähler sind bei uns besser aufgehoben", sagte er. Der Ko-Vorsitzende Adam warnte hingegen davor, zu sehr auf FDP-Themen zu setzen. Dies berge die Gefahr, dass die Menschen eher "das Original wählen".

73 Prozent der AfD-Wähler haben Verständnis für "Pegida"

Anders als die ostdeutschen Landesverbände, die 2014 mit einem konservativen Profil starke Ergebnisse in Sachsen, Thüringen und Brandenburg erzielten, hatte die Hamburger AfD eher auf liberale Themen gesetzt - und das in jener Stadt, in der 2001 die Schill-Partei 19,4 Prozent der Stimmen geholt hatte. Themen wie die anti-islamische "Pegida"-Bewegung oder die Flüchtlingspolitik seien der Partei "aufgezwungen" worden, sagte Spitzenkandidat Kruse dazu.

Nach einer Analyse von Infratest Dimap für die ARD waren es aber genau diese Themen, die den Hamburger AfD-Wählern attraktiv erschienen. 59 Prozent der AfD-Wähler vertraten in der Umfrage die Auffassung, dass es in Hamburg zu viele Flüchtlinge gebe. Unter der Gesamtheit der Befragten erreichte dieser Wert nur 23 Prozent.

Verständnis für die "Pegida"-Märsche zeigten in der Umfrage 73 Prozent der AfD-Wähler, aber etwa nur 20 Prozent der CDU-Wähler. Die Umfrage legt auch nahe, dass die AfD eher Protestwähler anzog: 71 Prozent gaben an, die AfD nicht aus Überzeugung, sondern aus Enttäuschung über andere Parteien gewählt zu haben.

(AFP)
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