Jemen Saleh unterzeichnet Abkommen zur Machtübergabe

Riad · Der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh hat ein Abkommen zur Machtübergabe unterschrieben. Im staatlichen saudiarabischen Fernsehen war Saleh am Mittwoch zu sehen, wie er den vom Golfkooperationsrat entworfenen Vertrag in der saudiarabischen Hauptstadt Riad unterzeichnete.

Das Fernsehen zeigte Saleh neben dem saudiarabischen König Abdullah sitzend, wie er vier Ausfertigungen des Vertrages unterzeichnete. Saleh war am Morgen in Riad eingetroffen. Gemäß dem Abkommen soll Saleh die Amtsgeschäfte innerhalb der kommenden 30 Tage an den bisherigen Vizepräsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi übergeben. Zudem sollen innerhalb der kommenden 90 Tage vorgezogene Präsidentschaftswahlen abgehalten werden. Im Gegenzug wird dem langjährigen Machthaber Immunität vor Strafverfolgung zugesichert.
Damit endet Salehs 33 Jahre andauernde Regierungszeit offiziell.

Zuvor berichtete UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Mittwoch, Saleh habe ihm am Telefon mitgeteilt, er werde nach der Unterzeichnung zur medizinischen Behandlung weiter nach New York reisen. Im Juni wurde Saleh bei einem Anschlag schwer verletzt und reiste zunächst nach Saudi-Arabien, wo er sich für mehr als drei Monate in medizinische Behandlung gab.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte, das Abkommen sei ein "wichtiger Anfang". Es müsse als Grundlage für einen "Prozess der Versöhnung" und einen "friedlichen demokratischen Übergang" dienen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte alle Seiten auf, die Gewalt einzustellen und "trotz aller Schwierigkeiten und Differenzen" konstruktiv an einem friedlichen Neubeginn zu arbeiten.

Ein Sprecher der jemenitischen Protestbewegung sagte, die Proteste würden fortgesetzt, bis alle Ziele erreicht seien. Insbesondere müssten sich der seit 33 Jahren regierende Saleh und seine Entourage vor Gericht verantworten.

Rücktritt angesichts andauernder Proteste

Saleh hatte angesichts der neun Monate andauernden Proteste gegen seine Regierung bereits mehrmals erklärt, das Abkommen unterzeichnen zu wollen. Von den Aufständen in anderen arabischen Ländern inspirierte Demonstranten zogen durch die Straßen der Hauptstadt Sanaa und anderer Städte, um Reformen zu fordern. Sie widersetzten sich dabei den Regierungstruppen, wobei mehre Hundert Menschen ums Leben kamen.

Allerdings kam es in der vergangenen Zeit auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Stammeskämpfern und abtrünnigen Militäreinheiten auf der einen Seite und Saleh ergebenen Truppen auf der anderen Seite. Im Süden des Landes nutzten Kämpfer des Terrornetzwerks Al Qaida die Sicherheitslage genutzt, um ihre Position zu stärken und die Kontrolle über ganze Städte zu übernehmen.

Der Jemen ist eines der ärmsten Länder der arabischsprachigen Welt und hat rund 25 Millionen Einwohner. Der Staat ist für die USA und die verbündeten Golfstaaten von strategischer Bedeutung. Das Land liegt unweit wichtiger Ölfelder am Golf und wichtiger Seehandelsrouten.

Der Nachfolger

Nach mehr als 15 Jahren tritt der neue starke Mann Jemens aus dem Schatten des bisherigen Präsidenten. Saleh übertrug am Mittwoch seine Vollmachten an seinen langjährigen Stellvertreter Abd Rabbo Mansur Hadi. So sehr dominierte Saleh seit 33 Jahren die öffentliche Wahrnehmung des Landes an der Südspitze der Arabischen Halbinsel, dass Hadi daneben kaum in Erscheinung trat.

Dem unauffälligen Karrieremilitär gelang es derweil, in der zerklüfteten politischen Landschaft Jemens als Mann des Ausgleichs durchzugehen. In den vergangenen Monaten, als Saleh lange zur Behandlung in Saudi-Arabien weilte, baute General Hadi seine Autorität allmählich auf.

Hadi stammt aus dem Süden des bis 1990 geteilten Landes. Er wurde am 1. Mai 1945 in Dhakin in der Provinz Abian geboren, in der sich heute das fundamentalistische Terror-Netzwerk El Kaida breitmacht. 1964 schließt er die Offiziersschule der südjemenitischen Armee ab, vervollständigt seine militärische Ausbildung in Großbritannien und durchläuft bis 1970 auch noch eine Spezialisierung für Panzereinheiten in Kairo. Zu Sowjetzeiten zählt Hadi zur militärischen Elite des marxistischen Staates in Südjemen und ist für Waffengeschäfte mit der damaligen Sowjetunion zuständig.

Als die Sozialistischen Parteiführer sich Anfang 1986 zerfleischen, flieht der damalige Präsident des Südens, Ali Nasser Mohammed, in den Norden. An seiner Seite stehen nur wenige Getreue, darunter Hadi. Nach der Vereinigung der beiden Staaten am 22. Mai 1990 verstand Hadi es, sich unverzichtbar zu machen. Als der Süden Jemens 1994 nochmals den Aufstand probte, stand Hadi auf der Seite der Truppen des Nordens, die die Rebellion niederschlugen. Im Mai 1994 wurde er Verteidigungsminister. Und dann wurde Hadi nicht nur Vize-Präsident, sondern auch Generalsekretär der regierenden Kongress-Partei (GCP). Zu Hadis Veröffentlichungen zählt ein Buch über Verteidigungstaktiken in gebirgigem Gelände. Der neue Präsident des Jemen ist Vater zweier Töchter und dreier Söhne.

(AFP/APD)
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